Grundsteuer soll sich schnell ändern
Neuer Chef des Bundes der Steuerzahler im Südwesten ist als Sachverständiger bei Prozess
- Der Bund der Steuerzahler fordert eine schnelle Lösung im Ringen um eine Reform der Grundsteuer. Am Dienstag befasst sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage, ob die alten Bewertungskriterien noch verfassungsgemäß sind. „Für uns wird spannend: Was kritisieren die Richter? Und welchen Zeitraum räumen sie der Politik für eine Veränderung ein?“, sagte der neue Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg, Zenon Bilaniuk, der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir gehen davon aus, dass es bis zur Sommerpause eine Entscheidung gibt.“
Die Grundsteuer betrifft jeden: die Immobilienbesitzer sowie die Mieter, an die die Eigentümer die Kosten weitergeben. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ringt die Politik mit der Frage, wie sie die Grundsteuer reformieren soll. Denn die aktuelle Bewertung der Grundstücke stützt sich auf Wertverhältnisse, die in Westdeutschland im Jahr 1964 und für Ostdeutschland im Jahr 1935 galten. Ob das noch verfassungsgemäß ist, soll nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Plädoyer für Südmodell
Bilaniuk wird als Sachverständiger am Prozess in Karlsruhe teilnehmen. Der Steuerexperte ist auch stellvertretender Präsident des Gesamtverbandes des Bundes der Steuerzahler. Er plädiert für das sogenannte Südmodell, das vor Jahren Bayern und Hessen – bis zum Regierungswechsel hin zu Grün-Rot 2011 auch mit Unterstützung von Baden-Württemberg – eingebracht haben. Es sieht vor, dass sich die Steuer an der Größe des Grundstücks und der Wohnfläche orientiert, nicht aber am Wert. Die steuerliche Bemessung für Immobilien und Grundstücke sei auf diese Weise einfach, „es ist wenig zeitaufwendig und wenig streitanfällig“, nennt Bilaniuk als Gründe. Würden indes alle 35 Millionen Grundstücke in Deutschland zunächst neu bewertet werden, würden dafür geschätzt zehn Jahre vergehen. Allein in BadenWürttemberg sind es 5,5 Millionen Flächen. „Wenn die Richter sagen, dass das derzeitige Modell nicht verfassungsgemäß ist, können sie die Ungleichheit nicht weitere zehn Jahre bestehen lassen“, sagt Bilaniuk. Wenig zeitintensiv sei auch das Bodenwertmodell, wie Bilaniuk sagt. Dieses Modell fordert ein ungewöhnliches Bündnis, zu dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und der Naturschutzbund (Nabu) gehören. Es sieht vor, dass nur noch der Boden, nicht aber die Gebäude darauf besteuert werden sollen. Das Steueraufkommen soll dabei in Summe gleich bleiben. Das würde bedeuten, dass die Steuerbelastung für Grundstücke ohne Gebäude stiege – ein Anreiz, brach liegende Grundstücke zu bebauen. Bilaniuk kritisiert an diesem Modell, dass es sehr anfällig für gerichtliche Streitereien sei.
Die Finanzminister der Länder hatten 2016 beschlossen, dass die Reform „aufkommensneutral“sein soll, also zu keinen Mehr- oder Mindereinnahmen führen soll. Für den einzelnen Bürger könne dies aber nicht gelten, sagt Bilaniuk. „Eine Reform aufkommensneutral zu gestalten wird schwierig“, sagt Bilaniuk. „Es wird auf jeden Fall Gewinner und Verlierer geben. Davor fürchtet sich die Politik und hat deshalb bisher keine Änderung vorgenommen.“Auch die Kommunen drängen auf eine schnelle Reform, schließlich bildet die Grundsteuer mit ihrem Aufkommen von zuletzt 13 Milliarden Euro eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen.
Keine Rückkehr zur Staatspension
Als neuer Chef des Landesverbandes hat Bilaniuk auch die Vorgänge im Südwesten im Blick. Ein Augenmerk legt er auf das Ringen um eine Reform der Altersversorgung für die Landtagsabgeordneten. Sein Vorgänger Wilfried Krahwinkel gehört der Kommission an, die eine Lösung finden soll. „Wir wollen, dass die Politiker die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf die Bürger auch selbst spüren“, sagt Bilaniuk. Eine Rückkehr in die Staatspension schließt er aus.
Kritisch blickt er zudem auf die Schuldentilgung im neuen Doppelhaushalt des Landes für 2018/19. „Man hätte trotz Investitionen viel mehr Schulden tilgen können, um für künftige Generationen einen Haushalt zu hinterlassen, der nicht so hoch verschuldet ist“, sagt Bilaniuk.