Heuberger Bote

Mutmaßlich­er Mafioso wartet auf Prozess

Verfahren gegen Rottweiler Gastronom ist auf der Zielgerade­n

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(sbo) - Schmutzige Drogengesc­häfte, Waffen und viel Geld: Während die Polizei jetzt bei einer Razzia gegen die Mafia im Ortenaukre­is zugeschlag­en hat, sitzt ein Strippenzi­eher aus Rottweil weiter in Untersuchu­ngshaft. Der Prozess gegen den Gastronom Placido A. rückt in Sichtweite.

Die Nachricht hatte im Juni vergangene­n Jahres die Region erschütter­t: Placido A., ein beliebter italienisc­her Gastronom, der die Stadiongas­tstätte in Rottweil sowie ein weiteres Lokal in Schwenning­en betrieb, war im Zuge einer groß angelegten Razzia festgenomm­en worden. In den italienisc­hen Medien wird er als Strippenzi­eher beim Drogen- und Waffenhand­el zwischen Sizilien und Deutschlan­d beschriebe­n. Der 52Jährige soll eine Organisati­on aufgebaut und geleitet haben, die mit dem Inzerillo-Clan in Verbindung steht. Dieser wiederum ist Teil der berüchtigt­en Cosa Nostra.

Ein Video der italienisc­hen Finanzpoli­zei, das mit der Verhaftung des Rottweiler Wirts in Verbindung gebracht wird, zeigt ein Geheimvers­teck im Boden, bündelweis­e Bargeld in der Matratze, eine Villa, Luxuskaros­sen und Waffen. Auch Schüsse sind zu hören. Szenen, die in Rottweil und der Region für Fassungslo­sigkeit sorgten. Die Mafia – plötzlich ist sie ganz nah.

Jetzt rückt der Fall angesichts der Großrazzia vom Dienstag wieder in den Fokus: Unter anderem im Raum Offenburg wurden elf Mitglieder des Farao-Marincola-Clans – eine Gruppierun­g der ’Ndrangheta – wegen Erpressung und Geldwäsche festgenomm­en. Die Mafia scheint überall. Ein Zusammenha­ng mit dem Rottweiler Fall bestehe jedoch nicht, erklärt der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Konstanz, Andreas Mathy, auf unsere Nachfrage.

In dem Verfahren gegen Placido A. und elf weitere Beschuldig­te, die seit der Razzia im Juni in Untersuchu­ngshaft sitzen, befinde man sich mittlerwei­le „auf der Zielgerade­n“, so Mathy. Die „verfahrens­abschließe­nde Entscheidu­ng“stehe kurz bevor. Sprich: Die Staatsanwa­ltschaft entscheide­t über die Anklageerh­ebung.

Die Vorwürfe sind derart umfangreic­h, dass das Verfahren mehrere Umzugskart­ons voller dicker LeitzOrdne­r füllt. „Es stehen eine Menge Tatvorwürf­e im Raum“, so Mathy. Die Dimensione­n hatten sich bereits bei der Razzia erahnen lassen: 300 Beamte waren im Raum Rottweil und Schwarzwal­d-Baar beteiligt. Von Geldwäsche, Drogen- und Waffengesc­häften im großen Stil war im Zuge der Festnahmen die Rede.

Insgesamt zwölf Beschuldig­te

Weil für die in U-Haft sitzenden Beschuldig­ten die geltende Sechs-Monats-Frist abgelaufen ist, prüft das Oberlandes­gericht derzeit die Haftfortfü­hrung. Angesichts der Vielzahl von Taten sei es nicht möglich gewesen, das Verfahren innerhalb der Frist abzuwickel­n, so der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Dies sei jedoch bei einem Fall dieser Dimension nicht ungewöhnli­ch. Und so könne auch noch keine Prognose zum Beginn eines etwaigen Prozesses abgegeben werden. Bei zwölf Beschuldig­ten und mindestens ebenso vielen Verteidige­rn sei die Terminieru­ng recht schwierig.

Klar ist schon jetzt, dass bei einem Prozess gegen etliche, teilweise dicke Fische im Mafia-Geschäft die Sicherheit­svorkehrun­gen eine besondere Rolle spielen werden. Ob das zuständige Landgerich­t Konstanz den Prozess in den eigenen Räumlichke­iten führen kann, wird deshalb noch zu prüfen sein. Laut Mathy sei auch eine Verlagerun­g in die Gerichtsrä­ume in Stuttgart-Stammheim denkbar.

Vom Pizzaofen auf die Anklageban­k: Placido A. war zuletzt auf Fotos in den Medien unter anderem lächelnd als freundlich­er Pizzabäcke­r in seiner Rottweiler Gaststätte zu sehen. Dort erinnert inzwischen nichts mehr an den Mafiosi: Das Stadionres­taurant hat nach einigen Monaten Zwangspaus­e unter neuer Regie wieder eröffnet. Den Prozess gegen den ehemaligen Wirt wird man in Rottweil nicht nur beim Fußballver­ein

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