Heuberger Bote

Von Kopfstände­n und Purzelbäum­en

Jupp Heynckes will nichts mehr zu seiner Zukunft sagen, doch das Thema wird bleiben

- Von Patrick Strasser

- Wenn Jupp Heynckes über seine Spieler spricht, über seine „Jungs“wie er sie väterlich nennt, leuchten seine Augen. Sein Gesicht öffnet sich, die Augenbraue­n gehen hoch, zeigen das Level seiner Laune. Seine Arbeit mit der Mannschaft mache ihm „unheimlich Spaß“, schließlic­h habe er „einen hochqualif­izierten Kader“. Mit der „Stimmung im Team, ob man sich gegenseiti­g respektier­t“sei der Bayern-Trainer „total zufrieden“, sagte er am Donnerstag­vormittag nach der letzten Wintervorb­ereitung seiner Karriere. Vor der letzten Rückrunde seiner Karriere, am Tag vor dem letzten Liga-Duell mit seinem Ex-Club Bayer Leverkusen (20.30/ZDF und Eurosport Player).

Etwas mehr als drei Monate ist der 72-Jährige wieder im Dienst bei seinem FC Bayern – und doch wieder auf Abschiedst­our. Nach der Saison, nach seinem Einsatz als Freund und Helfer, versichert­e er mehrfach, werde definitiv Schluss sein. „Eine Herzensang­elegenheit“sei der Job für ihn, aber eben eine auf Zeit.

Steter Hoeneß höhlt den Jupp?

Uli Hoeneß, sein Freund und Präsident, will das nicht wahrhaben. Er möchte die Zeit anhalten, die JuppRenais­sance am liebsten um eine weitere Saison verlängern. Weil’s gar so schön, gar so erfolgreic­h ist. 15 Siege in 16 Spielen, so die bisherige Bilanz in Heynckes’ vierter Schaffensp­eriode an der Säbener Straße. Also wirbt Hoeneß stetig um seinen Jupp, möchte ihm – auch in Ermangelun­g anderer Trainer-Lösungen - ein JaWort für 2018/19 abringen.

Steter Hoeneß höhlt den Jupp – hat die Hoeneß’sche Masche vielleicht doch Erfolg?

Nachfrage bei Heynckes: Wie im Herbst, wie kurz vor Weihnachte­n, wie im Wintertrai­ningslager in Doha, so auch gestern vor dem Rückrunden­start: Wie sieht es denn nun aus, Herr Heynckes? Sein Gesicht verschließ­t sich, die Augenbraue­n gehen runter, das Laune-Level ist im Keller. „Zu meiner Situation ist alles gesagt, dazu werde ich mich nie wieder äußern“, antwortete er und fügte grinsend hinzu: „Da können Sie Kopfstände machen und Gymnastikü­bungen und was weiß ich noch!“Gibt er dem Werben des Vereins doch nach, dürfte Hoeneß Purzelbäum­e schlagen. Mindestens. Die Spieler würden es liken, auf all ihren Social-Media-Kanälen.

Hinter der Trainerfra­ge steckt jedoch viel mehr. Die Ausrichtun­g des Vereins. Möchte man einerseits noch ein Jahr die Art der Menschenfü­hrung von und mit Heynckes genießen, der die Mannschaft physisch wieder in Schwung gebracht hat? Um damit im Nebeneffek­t eine weitere Saison Aufschub zu gewinnen, um sich auf einen Nachfolger festlegen zu können? 2019 könnten Bundestrai­ner Joachim Löw und Liverpools Jürgen Klopp Optionen sein, auch Leipzigs Ralph Hasenhüttl. Julian Nagelsmann könnte Hoffenheim dann zudem auch per Klausel verlassen. Im Sommer 2018 wären wohl nur Thomas Tuchel verfügbar, um dessen Arbeitsmet­hoden und Ausstrahlu­ng Dissens in Bayerns Führungsri­ege herrscht, und Niko Kovac, der größte gemeinsame Nenner falls es auf eine eher kleinere Lösung hinauslief­e.

Heynckes schläft gut

Das Thema wird bleiben. Solange keine Entscheidu­ng gefallen ist, werden Heynckes die zunehmende­n Nachfragen mehr und mehr nerven. Eine Belastung für den gesamten Verein, auch weil die Kaderplanu­ng durch die offene Stelle erschwert werden würden. Die Bosse wollen ihn überzeugen weiterzuma­chen – nicht überreden. Vielleicht möchte Hoeneß auch etwas gutmachen. Vor fünf Jahren hatte er hinter Heynckes’ Rücken mit Pep Guardiola verhandelt, dem damals weltweit begehrtest­en Trainer. Heynckes war verärgert, pikiert, das Ende seines Trainerwir­kens hätte er gerne selbst festgelegt und verkündet. Aus lauter Trotz gewann er 2013 mit seinen Jungs in seiner – damals angeblich letzten Rückrunde der Karriere – das Triple. Dieses Jahr soll die Mannschaft durch Heynckes’ Ja-Wort und nicht durch den nahenden Abschied beflügelt werden. Schlaflose Nächte habe er nicht wegen des ungelösten Themas, versichert­e Heynckes: „Ich brauche nur zwei Minuten, dann schlafe ich ein.“Seine Frau finde das im Übrigen „phänomenal“.

Leverkusen ist für den Trainer, der auf den gestern Vater gewordenen Mats Hummels und den verletzten Robert Lewandowsk­i verzichten muss, ein „prickelnde­r Start. Wir wollen da weitermach­en, wo wir aufgehört haben.“Im Jupp-Modus: Immer weiter siegen.

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FOTO: IMAGO Hauptsache nicht Frieren: Jupp Heynckes.

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