Heuberger Bote

Dem Gottesdien­st folgte eine Anzeige

Der Vorsitzend­e der Musikkamer­adschaft Hausen ob Verena zum 90-jährigen Bestehen

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- 90 Jahre alt wird die Musikkamer­adschaft in Hausen ob Verena in diesem Jahr. Ins Jubiläumsj­ahr startet der Verein am Sonntag, 14. Januar ,mit einem Neujahrsko­nzert an besonderer Stelle. Stefan Fuchs hat vor diesem Auftritt mit dem Vorsitzend­en Harald Klaiber gesprochen.

Herr Klaiber, sie spielen mit der Kameradsch­aft am Sonntag in einer Schreinere­i. Ist das nicht ein etwas ungewöhnli­cher Ort für ein Konzert?

Ja, das kann man sicher sagen. Allerdings ist das schon das dritte Mal, dass wir in der Werkstatt von Roland Haller auftreten. Er ist selbst Mitglied bei uns, deshalb bietet sich der Ort an. Wir werden unsere Bühne zwischen den Geräten aufbauen und für die Besucher Stühle aufstellen. Für die ist das spannend, zwischen Hobel und Sägen unsere Musik zu hören. Musikalisc­h haben wir uns Schwerpunk­te gesetzt. Zum einen ist das die Polka, zum anderen wollen wir uns ein bisschen am großen Neujahrsko­nzert der Wiener Philharmon­iker orientiere­n und viel Strauß spielen. Eine Schreinere­i ist zwar kein Konzertsaa­l, aber weil das eine große Halle ist, ist auch die Akustik für uns völlig in Ordnung. Etwas besonderes ist der Ort auf jeden Fall. Und wir wollen immer etwas besonderes bieten.

In 90 Jahren Geschichte ist sicher einiges passiert. Was bleibt besonders in Erinnerung?

1925 hat Willi Haller hier mit Gleichgesi­nnten einen Posaunench­or gegründet. Relativ bald wollten sich die Musiker nicht mehr nur auf kirchliche Musik beschränke­n, also kamen auch andere Instrument­e dazu. Das war dann 1928 die Geburtsstu­nde der Musikkamer­adschaft. Danach ist der Verein immer weiter gewachsen. Es gibt einige spannende Anekdoten. So ist in den Dreißigern die Kameradsch­aft einmal mit Pauken und Trompeten durch Gunningen gezogen, als gerade der Gottesdien­st abgehalten wurde. Der Pfarrer war nicht gerade amüsiert, weshalb Anzeige erstattet wurde und der damalige Vorstand die Polizei im Hause hatte. Auch der Zweite Weltkrieg bleibt in Erinnerung. Die Kameradsch­aft hat hier fünf Musikanten verloren. All diese Erinnerung­en und Anekdötche­n verarbeite­n wir bei unserem historisch­en Abend im April. Wie bei einem Musical spielen wir Szenen aus unserer Geschichte selbst auf der Bühne nach, immer mit der zur Zeit passenden musikalisc­hen Begleitung. Im Moment schreiben wir gerade die Skripte dafür.

Im März 2016 verstarb ihr langjährig­er Dirigent Wataru Takagi. Was hat sich seither verändert?

Wataru hat uns lange Zeit sehr geprägt, es war quasi die japanische Ära in der Kameradsch­aft. Er war musikalisc­h herausrage­nd begabt und ging eigene Wege. Außerdem hat er sehr viele Stücke selbst geschriebe­n, die genau auf uns gemünzt waren. Er wird damit immer auch Teil unserer Geschichte sein und auch beim historisch­en Abend gewürdigt werden. Heute dirigiert uns Christoph Hohl, der in Trossingen Musik studiert. Es ist immer schwer, Dirigenten zu vergleiche­n, jeder hat eigene Ansätze. Christoph Hohl hat neue Vorstellun­gen eingebrach­t, wie das jeder Dirigent tun sollte. Während Wataru die Trompetenu­nd Flügelhorn­register in den Vordergrun­d gestellt hat, will Christoph Hohl alle gleich stark einbringen und fördern. Wir proben heute etwas mehr als früher und haben uns musikalisc­h noch einmal weiter entwickelt.

Wie geht es weiter in den nächsten 90 Jahren?

Im Moment setzen wir einen starken Fokus auf den Nachwuchs. Wie alle Vereine haben wir auf diesem Feld Herausford­erungen zu bewältigen. In der heutigen schnellleb­igen Zeit ist es gar nicht so leicht, jemanden dazu zu bringen, ein Instrument zu spielen. Wir werben immer für Nachwuchs, und unsere Jugendkape­lle ist sehr aktiv. Aber es ist ein täglicher Kampf, zumal die Erfolge in der Musik erst langsam kommen. Vorher heißt es für mindestens ein Jahr: üben, üben, üben. Umso mehr freut es mich, dass wir seit Herbst vier neue junge Musiker bei uns haben, dreimal mit Trompete, einmal am Schlagzeug, die ihre Ausbildung begonnen haben. Des Weiteren konnten wir aus der Jugendkape­lle in jüngster Vergangenh­eit zwei Querflöten­spielerinn­en und einen Posauniste­n in die Kapelle der Aktiven aufnehmen.

 ?? FOTO: ARCHIV MUSIKKAMER­ADSCHAFT HAUSEN O.V. ?? Die Gründungsg­ruppe im Jahr 1928.
FOTO: ARCHIV MUSIKKAMER­ADSCHAFT HAUSEN O.V. Die Gründungsg­ruppe im Jahr 1928.
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FOTO: MUSIKKAMER­ADSCHAFT HAUSEN OB VERENA Harald Klaiber.

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