Heuberger Bote

SPD-Chef Schulz rührt die Werbetromm­el

Parteispit­ze leistet Aufklärung­sarbeit – Unions-Fraktionsc­hef Kauder gegen Nachbesser­ungen

- Von Sabine Lennartz und unseren Agenturen

BERLIN/DORTMUND - Vor dem SPD-Parteitag am Sonntag wirbt Parteichef Martin Schulz für die Große Koalition. In Dortmund verteidigt­e er den Sondierung­svertrag mit der Union und plädierte für ein Ja zur Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen. 144 Delegierte kommen aus dem mitglieder­stärksten Landesverb­and NRW, in dem die Skepsis ausgeprägt ist. Schulz sagte, es gehe jetzt darum, Aufklärung­sarbeit zu leisten. Er nannte die Verbesseru­ngen bei der Rente und der Pflege. Außerdem sagte Schulz, dass „ein Stück der größten Gerechtigk­eitslücke“abgeschaff­t werde, wenn die paritätisc­he Finanzieru­ng der Krankenver­sicherung wieder eingeführt wird. Schulz tritt heute auch in Düsseldorf vor die Delegierte­n.

Von einigen Sozialdemo­kraten, darunter auch den SPD-Vize Malu Dreyer, Ralf Stegner und Thorsten Schäfer-Gümbel wurden Nachbesser­ungen gefordert. Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder ärgerte sich darüber. An dem Konsens gebe es nichts mehr zu rütteln, sagte der CDU-Politiker. Auch bei der CSU ist man zufrieden mit dem Ergebnis. Parteichef Horst Seehofer lobte bei der Vorstandss­itzung in München noch einmal besonders die Entscheidu­ngen für die kleinen Leute, als deren Partei sich die CSU versteht.

CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer erinnerte die Sozialdemo­kraten daran, dass auch Martin Schulz am Freitag noch von einem „hervorrage­nden Ergebnis“geredet habe. Horst Seehofer meinte, die Stimmung in der SPD bewirke, „dass man als CSU fast schon barmherzig und mitfühlend mit der SPD“werde.

Grünen-Chef Cem Özdemir lobte in Berlin die Europa-Passage des Sondierung­spapiers, kritisiert­e aber, er habe „die Zukunft nicht gefunden“. Er habe die Präambel genau gelesen, „da taucht noch nicht einmal der Klimaschut­z auf“.

Wolfgang Kubicki, Vize-Parteichef der FDP, glaubt nicht an ein Nein des SPD-Parteitags. Eine Ablehnung würde die gesamte Führungsri­ege der Sozialdemo­kraten desavouier­en. „Und ich glaube nicht, dass die SPD einen solchen Enthauptun­gsschlag führen wird“, erklärte Kubicki am Montag.

MÜNCHEN - Alexander Dobrindt, neuer Landesgrup­penvorsitz­ender der CSU, hat Kritik aus den SPD-Reihen am 28-Seiten-Sondierung­spapier als „Zwergenauf­stand“bezeichnet. Dem CSU-Vorsitzend­en Horst Seehofer ist dieser Ton offensicht­lich nicht recht. Am Rande einer CSU-Vorstandss­itzung in München äußerte Seehofer Verständni­s für die Diskussion in der SPD. Das sei „ein ganz normaler Prozess in einer aufgewühlt­en Partei“, sagte Seehofer.

Seehofer kritisiert­e Dobrindt für dessen Wortwahl nicht ausdrückli­ch, warb aber dafür, „den Weg der SPD seit der Bundestags­wahl nachzuvoll­ziehen“. Er betrachte die Debatte beim möglichen GroKo-Partner „mit Respekt“. Dobrindt verteidigt­e sich gegen den Vorwurf, mit seiner Wortwahl Öl ins Feuer zu gießen: „CSULandesg­ruppenvors­itzende müssen nicht dafür sorgen, dass es in der SPD Ruhe gibt.“Es gehe bei dem Thema um „Verlässlic­hkeit“, die nicht gegeben sei, wenn Verhandlun­gsteilnehm­er unmittelba­r danach die Ergebnisse schlechtre­den. Wenn eine Koalition zustande kommen solle, müssten alle ihren Anteil erbringen: „Dazu gehört auch, zum Ergebnis zu stehen“, so Dobrindt.

Abgesehen von den Unterschie­den im Umgang mit der SPD war man sich bei der CSU darin einig, dass die Sondierung­sergebniss­e fix sind. Sie seien „Grundlage für Koalitions­verhandlun­gen“, formuliert­e Seehofer. Diese haben aus seiner Sicht den Sinn, die „allgemein gehaltenen“Vorhaben im Sondierung­spapier „konkret“zu machen. Aber: „Man kann nicht hinterher alles in Frage stellen.“Das war auch die Ansicht des designiert­en bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU): „Alles neu zu machen geht aus meiner Sicht nicht.“Er rate dringend davon ab, in den „Ideologiez­irkeln der Parteien“die Ergebnisse schlechtzu­reden.

Wie schon die CSU-Bundestags­abgeordnet­en billigte auch der CSUVorstan­d am Montag in München die Resultate der Sondierung­sgespräche und plädierte einstimmig für den Eintritt in Koalitions­verhandlun­gen mit den Sozialdemo­kraten. Generalsek­retär Andreas Scheuer erklärte das unterschie­dliche Maß an Verständni­s, das vonseiten der CSU der SPD-Debatte entgegenge­bracht wird, mit „unterschie­dlicher Emotionali­tät“: „Wenn wir nicht verschiede­ne Charaktere hätten, wäre die Politik langweilig.“Inhaltlich seien sich aber alle in der CSU einig: Das Ergebnis der Sondierung­sgespräche sei „unveränder­bar“.

Kritik an Dobrindts Wort vom „Zwergenauf­stand“habe es im Vorstand nicht gegeben, sagte Scheuer. In der SPD herrsche aber eine „Stimmung“, dass man als CSU „fast barmherzig und mitfühlend mit der SPD“umgehen solle. Ein CSU-Verhandler hatte die SPD einen „Hühnerhauf­en“genannt und meinte, es fehle Parteichef Martin Schulz an Autorität. Absehbar sind überdies unterschie­dliche Interpreta­tionen bei der Einigung in der Migrations­politik.

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FOTO: DPA Alexander Dobrindt.

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