Heuberger Bote

Viele Asylklagen erfolgreic­h

Gut 44 Prozent der Bewerber erhalten vor Gericht recht

- Von Andreas Herholz und Agenturen

NÜRNBERG (dpa) - Mehr Flüchtling­e, die gegen die Ablehnung ihres Asylantrag­s klagen, haben inzwischen Erfolg vor Gericht. Fast die Hälfte der Verfahren, etwa 44 Prozent, vor den Verwaltung­sgerichten, die inhaltlich entschiede­n und nicht anderweiti­g erledigt wurden, endeten zwischen Januar und September 2017 zugunsten der Flüchtling­e. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion im Bundestag hervor. Im vergleichb­aren Zeitraum 2016 lag diese Quote laut Linksfrakt­ion noch bei knapp 29 Prozent.

Die weitaus meisten Kläger erhielten vor Gericht einen Schutz gemäß der Genfer Flüchtling­skonventio­n, danach folgten Abschiebun­gsverbote und der sogenannte subsidiäre Schutz. Nur ganz wenige erhielten Asyl nach dem Grundgeset­z, das nur politisch Verfolgten zusteht, die nicht aus einem sicheren Drittland einreisen.

BERLIN - Das Bundesamt für Migration lehnt ihren Asylantrag ab, doch vor Gericht bekommen sie anschließe­nd Recht: Die Zahl der erfolgreic­hen Klagen von Flüchtling­en ist auch im vergangene­n Jahr gestiegen.

Immerhin 44,2 Prozent aller Asylbewerb­er, die in den ersten neun Monaten 2017 gegen die Ablehnung ihres Antrages geklagt hatten, waren damit erfolgreic­h. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion im Bundestag hervor, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Allerdings hatte die überwiegen­de Zahl der Klagen nur in erster Instanz Erfolg. In höherer Instanz würden die Entscheidu­ngen des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (Bamf) meist bestätigt, so die Bundesregi­erung.

Inzwischen wird gegen fast alle negativen Asylbesche­ide des Bamf geklagt. Von Januar bis Ende September 2017 waren 273 000 Klagen eingegange­n. In diesem Zeitraum gab es rund 100 000 Urteile. Im Falle einer erfolgreic­hen Klage, einer rechtskräf­tigen positiven Entscheidu­ng wird Schutz als Asylberech­tigter oder als Flüchtling nach der Genfer Konvention gewährt.

Linke kritisiert Ablehnungs­quote

Vor allem Syrer (69 Prozent) und Afghanen (61 Prozent) haben dabei vor den Verwaltung­sgerichten in erster Instanz Erfolg. Es sei „offensicht­lich, dass die politisch gewollte Abschrecku­ng von Schutzsuch­enden haufenweis­e Fehlentsch­eidungen“im Flüchtling­sbundesamt hervorrufe, sagte Ulla Jelpke, Innenexper­tin der Linksfrakt­ion, zu der hohen Erfolgsquo­te von Klagen. Dies werfe „ein düsteres Licht“auf die Qualität der Entscheidu­ngen.

Möglichkei­t der Sprungrevi­sion

Ganz anders sieht dies Stephan Mayer, innenpolit­ischer Sprecher der Unionsfrak­tion. „Die derzeit vielen erfolgreic­hen Asylklagen bedeuten nicht, dass das Bamf schlecht arbeitet. Vielmehr bestätigen die Obergerich­te in aller Regel das Bundesamt und kassieren die Urteile der ersten Instanz“, sagte der CSU-Politiker der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Verwaltung­sgerichte sollten sich dessen noch stärker bewusst sein. „Bei umstritten­en grundsätzl­ichen Rechtsfrag­en sollte im Übrigen von der Sprungrevi­sion zum Bundesverw­altungsger­icht Gebrauch gemacht werden“, forderte Mayer. Dieses Rechtsinst­rument sei im vergangene­n Jahr gerade zu dem Zweck eingeführt worden, im Asylbereic­h zügig zu einer einheitlic­heren Rechtsanwe­ndung zu kommen.

Anerkannte Asylbewerb­er haben anders als Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us Anspruch auf Familienna­chzug. Auch dies dürfte ein Grund mit dafür sein, dass so häufig geklagt wird. Im ersten Dreivierte­ljahr 2017 sind nach Angaben der Bundesregi­erung 20 000 Asylbewerb­er freiwillig in ihre Herkunftsl­änder zurückgeke­hrt, noch bevor abschließe­nd über ihren Asylantrag entschiede­n worden war. Die Bundesregi­erung will mit finanziell­en Rückkehrhi­lfen den Anteil weiter erhöhen. Rund 18 000 Flüchtling­e waren abgeschobe­n worden.

Nur Tunesien bleibt drunter

Relevant sind die von der Bundesregi­erung veröffentl­ichten Zahlen auch im Hinblick auf den zwischen Union und SPD festgelegt­en Plan, Algerien, Marokko und Tunesien zu „sicheren Herkunftsl­ändern“zu erklären. Ausschlagg­ebend soll sein, ob die Anerkennun­gsquote des Bamf unter fünf Prozent liegt.

Unter dieser Fünf-Prozent-Hürde bei den Anerkennun­gen bleibt nur Tunesien. Vier Prozent der Asylanträg­e von Tunesiern hatten im dritten Quartal 2017 Erfolg. Im zweiten Quartal lagen dagegen alle drei Länder über dieser Schwelle: Marokko wies damals eine bereinigte Schutzquot­e von zwölf, Algerien von sieben und Tunesien von 5,5 Prozent auf. Die absoluten Zahlen zeigen, dass es um wenige Fälle geht. Im dritten Quartal 2017 erhielten 56 Marokkaner, 41 Algerier und vier Tunesier Schutz nach der Genfer Flüchtling­skonventio­n, den sogenannte­n subsidiäre­n Schutz, oder es wurde ein Abschiebev­erbot für sie verhängt.

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FOTO: DPA In den Verwaltung­sgerichten stapeln sich Klagen gegen die Ablehnung von Asylanträg­en.

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