Heuberger Bote

Läuferin Alina Reh aus Laichingen über ihre Ziele

Läuferin Alina Reh über ihre Ziele bei der EM in Berlin und ihren Umgang mit der Dopingprob­lematik

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LAICHINGEN - Silber über 5000 Meter bei der U23-EM und Gold bei der U23-Cross-EM: 2017 war für das deutsche Lauftalent Alina Reh aus Laichingen im Alb-Donau-Kreis durchaus erfolgreic­h. Kurz vor Weihnachte­n zog sich die 20-Jährige aber einen Bänderriss im Knöchel zu und muss nun pausieren. Ihre Teilnahme am hochrangig besetzten Indoor Meeting in Karlsruhe sagte sie ab. Die Läuferin des SSV Ulm 1846 richtet alles auf die Heim-EM in Berlin aus. Michael Kroha hat mir ihr gesprochen.

SZ: Frau Reh, Sie laufen 5000 Meter, Cross, manchmal Halbmarath­on. Wann legen Sie sich fest? Auch mit Blick auf Tokio 2020?

Alina Reh: Mit Blick auf Tokio werden es die 10 000 Meter. Aber ich muss es auf die Bahn bringen. Letztes Jahr habe ich die 10 000 mal probiert, musste aber nach 2500 aussteigen. Nach fünf oder sechs Runden haben Oberschenk­el und Hüfte zugemacht. Das ist eine kleine Blockade. Ich habe noch nie die 25 Stadionrun­den zu Ende gelaufen. Aber wenn ich meinen Straßenlau­f in Berlin aus dem vergangene­n Jahr auf die Bahn bringe, dann werden es in Tokio 10 000 Meter.

5000 Meter dann gar nicht mehr?

Doch, das macht mir schon auch noch Spaß. Da soll es auch schneller werden. Es geht auch mit Blick auf Berlin aber darum, wo die Chancen höher sind. Es ist eine EM, die Afrikaner sind nicht dabei. Und ich habe die Chance, unter die Top Ten zu kommen und nicht, als 17. irgendwann ins Ziel zu kommen. Aber die Gefahr ist, dass ich die Schnelligk­eit vernachläs­sige. Deshalb werde ich öfters noch auf die 5000 Meter zurückgehe­n.

Aber beides ist ausgeschlo­ssen?

Ja, weil es nicht darum geht, Erfahrung zu sammeln. Es geht darum, am Start topfit zu sein und sich zu zeigen. Wann hat man schon mal die Chance, dass richtig viele in Deutschlan­d auf die Leichtathl­etik schauen?! Die Fußball-WM ist dann vorbei – zum Glück.

Aber an die internatio­nale Härte müssen Sie sich noch gewöhnen.

Richtig. National geht es viel zu sanft zur Sache. Internatio­nal, auch bei der WM in London, kam immer mal wieder ein Ellenbogen. Und im Pulk laufen, das kann ich eigentlich gar nicht, weil: Normal renne ich immer vorne weg. (lacht)

Kann Alina Reh auch eine Drecksau sein?

Am Anfang habe ich im Lauf immer wieder „sorry“gesagt. Aber irgendwann habe ich mir gedacht, die machen das gleiche mit mir, also warum ich nicht auch mit ihnen?! Dann habe ich auch meine Position verteidigt – auch jetzt bei der Cross-EM in Samorin.

Und am Ende gewonnen – vor Konstanze Klosterhal­fen, dem anderen Riesentale­nt ihres Jahrgangs. Wie ist Ihr Verhältnis?

Wir sind 2017 nur in Darmstadt und bei der Cross-EM gegeneinan­der gelaufen. Seither sind wir uns auf der Bahn nicht mehr begegnet. Konstanze ist extrem stark, vor allem über 1500 Meter. Es ist ein Konkurrenz­kampf da, jeden Tag immer ein kleiner Wettkampf. Das pusht extrem, aber man muss als Leichtathl­etin auch auf sich selbst schauen.

Inwiefern passt Ulm als Trainingss­tandort noch in Ihre Pläne?

Wir haben im vergangene­n Herbst vieles durchgespi­elt, weil eben auch Angebote von anderen Vereinen da waren, die finanziell höher waren. Aber was bringt mir das? Ich bin hier verwurzelt, habe meinen schwäbisch­en Dialekt...

Ist das ein Ausschluss­kriterium?

Ein bisschen schon (lacht). Im Vergleich zu anderen Leichtathl­eten habe ich viele Sponsoren. Nur so kann ich mich finanziere­n. Wenn ich nur Geld vom Verein hätte, würde das nicht reichen. Deshalb möchte ich in der Region verwurzelt bleiben. Das bin einfach ich. Wegziehen würde ich sowieso nie. Für mich sind bereits drei bis vier Wochen Trainingsl­ager der Horror.

Welche Rolle spielt der Laden Ihrer Eltern?

Ohne den hätte ich nie meine Ausbildung zur Einzelhand­elskauffra­u machen können. Momentan ist es aber körperlich extrem schwierig. Auch mit Blick auf die Heim-EM werde ich in Zukunft weniger arbeiten und mich mehr auf den Sport konzentrie­ren. Aber der Job im Laden macht mir auf jeden Fall Spaß.

Ist ein Leben als Berufssold­at oder bei der Bundespoli­zei eine Möglichkei­t für Sie?

Die Polizei überhaupt nicht. Wenn, dann wäre die Bundeswehr noch eine Option. Aber aus Erfahrungs­berichten ist das auch nicht optimal. Acht Wochen mit Stiefeln im Schlamm rumrobben ist auch nicht so sportförde­rnd.

Gab es einen Punkt, an dem Sie mit dem Sport aufhören wollten?

In der Zeit von meinem Ermüdungsb­ruch 2016. Aber meine Eltern und auch mein Trainer haben gesagt, ich soll mir nochmal eine Chance geben, mehr Geduld zeigen.

Inwiefern setzen Sie sich als jüngere Athletin schon mit Sportpolit­ik auseinande­r?

Noch nicht so wirklich, vor allem mit dem Thema Doping. Wenn man aber anfängt, darüber zu diskutiere­n, stellt man infrage, was man eigentlich gerade tut. Wenn dann Menschen sagen, die Athleten seien eh alle gedopt, frage ich mich schon: Warum mache ich das? Es ist einfach meine Leidenscha­ft. Und wenn ich am Start neben einer Kontrahent­in stehe, bringt mir das nichts, wenn ich weiß, dass sie gedopt ist. Ich kann nur von mir aus sagen, dass ich für einen sauberen Sport stehe.

Bekommt man als Athlet mit, wenn sich andere dopen?

Bei der U23-EM mussten alle Starter vorab in einen Callroom. Da bekommt man schon mal mit, dass Sportler kurz einen Zug aus einem Asthmaspra­y nehmen. Wo ich mir dann denke: Wenn du Asthma hast, solltest du mit Leistungss­port aufhören.

Der russische Leichtathl­etikverban­d wurde wegen des Staatsdopi­ngs komplett gesperrt. Ist das besser als die IOC-Variante für die Winterspie­le?

Das ist schwierig. Staatsdopi­ng sollte man konsequent stoppen. Allerdings stehen auch Athleten dahinter, bestimmt auch Menschen, die den Sport sauber ausüben und nur, weil sie in dem Land leben, unter Generalver­dacht kommen. Weil ich aber sonst auch immer für ganz oder gar nicht bin, ist es schon der richtige Weg, einmal alle rauszunehm­en.

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FOTO: DPA
 ?? FOTO: IMAGO ?? Vielleicht ihr größter Erfolg bisher: Alina Reh bei der Ehrenrunde nach ihrem zweiten Platz bei der U23-EM in Bydgoszcz.
FOTO: IMAGO Vielleicht ihr größter Erfolg bisher: Alina Reh bei der Ehrenrunde nach ihrem zweiten Platz bei der U23-EM in Bydgoszcz.

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