Heuberger Bote

Nebenkläge­r fordern Verurteilu­ng wegen Beihilfe zum Mord

Der Waffenbesc­haffer des Münchner Amokläufer­s soll geahnt haben, was dieser mit der Waffe vorhatte

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MÜNCHEN (dpa) - Im Prozess gegen den Waffenbesc­haffer des Münchner Amokläufer­s fordert die Nebenklage eine Verurteilu­ng wegen Beihilfe zum Mord. Der Angeklagte Philipp K. habe jederzeit damit rechnen müssen, dass Menschen mit der von ihm verkauften Waffe getötet oder verletzt werden könnten, argumentie­rten die Vertreter der Hinterblie­benen am Montag vor dem Landgerich­t I. „Das war ihm aber egal“, hieß es von einem der Rechtsanwä­lte. Mehr als 15 Rechtsanwä­lte vertreten rund 25 Angehörige der Opfer.

Die Anklage wirft dem 33-Jährigen aus Marburg (Hessen) unter anderem illegalen Waffenhand­el, fahrlässig­e Tötung und fahrlässig­e Körperverl­etzung vor. Er hatte zu Prozessbeg­inn im August zugegeben, dass er die Schusswaff­e verkauft hatte, mit der der 18-jährige David S. am 22. Juli 2016 am Olympia-Einkaufsze­ntrum neun Menschen und sich selbst erschoss. Die meisten Opfer hatten einen Migrations­hintergrun­d.

Mehrere Angehörige verließen unter Tränen den Gerichtssa­al, als ein Nebenkläge­r gerade über die Anzahl der Schüsse sprach, die die neun Todesopfer am Olympia-Einkaufsze­ntrum getroffen hatten. Eine Nebenkläge­rin hielt sich die Ohren zu und verließ den Gerichtssa­al, weitere Angehörige brachen in Tränen aus. Auch drei sichtlich mitgenomme­ne Hinterblie­bene aus den Zuhörerrei­hen verließen unter Tränen den Raum – einer schlug zuvor gegen eine Wand.

Mehrere Vertreter der Nebenklage sagten, dass der Waffenhänd­ler stolz auf die Tat seines Kunden gewesen sei und keine Reue empfinde. Er habe sich in den 100 bisherigen Verhandlun­gsstunden nicht dazu geäußert und sich nicht persönlich entschuldi­gt. Angeklagte­r und Amokläufer habe eine rechte Gesinnung geeint. „Sie waren Brüder im Geiste“, sagte etwa Rechtsanwa­lt Jochen Uher. Er forderte eine Haftstrafe von mindestens elf Jahren. Der Angeklagte, der seine Ware über das sogenannte Darknet verkauft hatte, habe nach dem Motto gehandelt: „Was kümmert mich das Leid der anderen – Hauptsache, der Umsatz stimmt“, sagte Uher.

Für eine Verurteilu­ng wegen Beihilfe zum Mord spreche unter anderem die Tatsache, dass K. als Waffenhänd­ler lange sehr aktiv gewesen sei und auch nach dem Amoklauf nicht damit aufgehört habe. Verdeckte Ermittler hatten ihn im August 2016 bei einer vermeintli­chen Waffenüber­gabe in Marburg überführt. Das entscheide­nde Indiz sei aber, dass der Angeklagte den Amokläufer dreimal gefragt habe, was er mit der Waffe vorhabe. „Du machst doch keinen Scheiß“, soll er S. laut Aussage eines Mithäftlin­gs gefragt haben. Er habe geahnt, was mit der Glock 17 und den mehr als 450 Schuss Munition geschehen sollte und es gebilligt.

Die Staatsanwa­ltschaft München I hatte am Mittwoch wegen fahrlässig­er Tötung in neun und fahrlässig­er Körperverl­etzung in fünf Fällen eine Haftstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten gefordert. Für die aus Sicht der Opfer zu milde Strafforde­rung hagelte es Kritik von der Nebenklage. Das seien „acht Monate pro Leben“, sagte der Vater eines getöteten Mädchens. Der Prozess wird am Freitag fortgesetz­t.

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