Zwischen Pressefreiheit und Menschenwürde
„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“als Schauspiel mit Live-Musik
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sz) Die Erzählung über eine junge Frau, deren Leben durch die Sensationspresse zerstört wird, hat auch über 40 Jahre nach ihrem Erscheinen nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Nun erlebt das Publikum „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“am Donnerstag, den 18. Januar, um 20 Uhr im Theater am Ring mit passender Live-Musik aus der Zeit des „Deutschen Herbsts“.
Eine Stückeinführung findet um 19.30 Uhr im Kleinen Saal statt.
Ein Einsatzkommando der Polizei stürmt die Wohnung einer jungen Frau. Katharina Blum sitzt gerade am Frühstückstisch. Am Abend zuvor hat sie auf einer Party Ludwig Götten kennengelernt und mit ihm die Nacht verbracht. Der des Mordes und des Bankraubs verdächtige Götten wurde beschattet, konnte aber noch aus der Wohnung fliehen. Für den ermittelnden Kommissar und den Staatsanwalt ein blamabler Fehlschlag.
Umso rücksichtsloser wird nun mit Katharina verfahren: Nicht nur, dass man die schüchterne Frau in die Rolle einer gewaltbereiten Anarchistin drängt – die halbgaren Ergebnisse des Verhörs werden gleich an den Reporter Tötges weitergereicht, der sie rücksichtslos für die Zeitung ausschlachtet und nach und nach Katharinas Leben zerstört. Selbst vor einem Besuch auf der Intensivstation bei Katharinas schwerkranker Mutter schreckt die Presse dabei nicht zurück.
Gezeigt wird die Fassung der Regisseurin Margarethe von Trotta, die Bölls Erzählung 1975 zusammen mit Volker Schlöndorff verfilmte. In der Inszenierung spielt eine Live-Band Titel von Ton Steine Scherben und andere Songs aus den 70ern. Zum 100. Geburtstag von Heinrich Böll, 40 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“, hat das Lehrstück über das fragile Gleichgewicht zwischen den Rechten des Individuums, staatlichen Machtbefugnissen, Pressefreiheit und Menschenwürde nichts von seiner Aktualität eingebüßt – und ruft auf zu mehr Individualismus und kritischem Denken.