„Soll ich ihn totschlagen?“
Schlägereien und Rebellion bei Festnahme: 23-Jähriger und 33-Jähriger verurteilt
TROSSINGEN/SPAICHINGEN/WEHINGEN - Zwei Männer, drei Schlägereien und ein Benehmen, dessen Unverschämtheit selbst die Polizei verblüffte: Das Spaichinger Amtsgericht hat am Dienstag einen 23-Jährigen zu elf Monaten Haft, die zur Bewährung ausgesetzt werden, und einen 33-Jährigen zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt.
Der 23-Jährige war angeklagt, gemeinsam mit einem unbekannten Dritten am 28. Januar 2017 in Trossingen einen Mann am helllichten Tag auf offener Straße zusammengeschlagen zu haben. Wenig später, am 19. Februar 2017, verprügelten die beiden Angeklagten gemeinsam einen jungen Mann vor einer Trossinger Diskothek.
Für die beiden Vorfälle gab es keine Entschuldigungen der Angeklagten, sondern teilweise hämisches Gelächter und Zwischenrufe. Das ging Richterin Beate Philipp irgendwann zu weit: Mehrmals rügte sie die Angeklagten.
Die Aussagen der Zeugen zu den Vorfällen waren teils sehr unterschiedlich und unklar. Beim Vorfall am 19. Februar soll auf beiden Seiten Alkohol im Spiel gewesen sein. Nachdem es bereits in der Disko zu Reibereien gekommen sei, erzählte die Schwester des Opfers, seien auf dem Heimweg plötzlich die beiden Angeklagten über den Zaun der Disko gesprungen und auf ihren Bruder losgegangen. Das Opfer, das Prellungen, Hämatome und Schürfwunden davontrug, machte als Zeuge einen zeitweisen Gedächtnisverlust geltend, denn seine Aussagen direkt nach dem Vorfall unterschieden sich teilweise von denen vor Gericht.
Angeklagter demoliert Polizeiauto
Auch der Fall am 28. Januar an einer Kreuzung der Trossinger Bismarckstraße warf Fragen auf. Der 23-jährige Angeklagte erzählte, das spätere Opfer habe ihn und seine Freunde verbal provoziert, sei absichtlich in eine Pfütze getreten, um ihn nass zu spritzen. Der Mann lag nach einigen Schlägen des 23-Jährigen am Boden, wo weiter auf ihn eingetreten wurde. Warum er von seinem Opfer schließlich abließ? „Soll ich ihn totschlagen?“, fragte der 23-Jährige lapidar.
Das Opfer schilderte den Vorfall etwas anders: Er habe mitten durch den Angeklagten und seine Freunde durchgehen müssen, sei versehentlich in die Pfütze getreten. Urplötzlich prasselten Schläge auf ihn ein, dann sei er am Boden gesessen und habe versucht, sich mit Händen und seiner Jacke zu schützen. Zu einer Entschuldigung konnte sich der Angeklagte nicht durchringen, er betonte allerdings, er wolle sein Leben jetzt ändern.
Die dritte Schlägerei ereignete sich im Juli in Wehingen. Hier soll der 33-jährige Angeklagte mehrere Besucher einer Gaststätte verprügelt haben, Gläser durch die Gegend geworfen und einen Tischkicker umgekippt haben. Eine Zeugin sagte aus, der Angeklagte sei urplötzlich ausgerastet. Sie rief die Polizei.
Der 33-Jährige wehrte sich bei seiner Festnahme laut Aussage der beiden Polizisten vehement und beschimpfte sie aufs Übelste. Die Polizisten wollten erst nicht sagen, was sie da zu hören bekamen - es sei eine „sehr kreative Wortwahl“gewesen. Einen so renitenten Menschen hätten sie noch nie erlebt. Erst hätten sie zu zweit Mühe gehabt, dem Mann Handschellen anzulegen, dann mussten sie ihm die Beine mit Kabelbinder fesseln, und dennoch habe er es geschafft, das Polizeiauto zu demolieren. Eine Tür habe er so verbogen, dass der Fahrtwind hereinpfiff.
In die Klinik wollte die Ärztin den randalierenden Mann nicht einlassen. Ihm wurde im Auto Blut abgenommen, an den Füßen - anders sei es nicht möglich gewesen. Die Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 2,12 Promille und Spuren von Cannabis.
Der 33-Jährige entschuldigte sich im Gerichtssaal: „Ich habe mich megamäßig dafür geschämt“, sagte er zu den Polizisten, die er beide leicht verletzt hatte. „Es tut mir leid."