Heuberger Bote

Auch im Südwesten schlagen die Wogen hoch

Von Erhard Eppler bis Norbert Zeller werben viele für ein Ja zu Koalitions­verhandlun­gen

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(sal) - „Volatil“, heißt es in Stuttgart, sei die Befindlich­keit der Delegierte­n vor dem SPD-Sonderpart­eitag. In der Landesgrup­pe der Bundestags­fraktion sind zwar fast alle dafür, in Koalitions­gespräche mit der Union einzutrete­n. Doch im Gespräch mit der Basis in den Ortsverbän­den stellt sich für Abgeordnet­e wie den Biberacher SPD-Mann Martin Gerster „die ganze Bandbreite der Meinungen“dar. Von einem absoluten Ja zu Koalitions­verhandlun­gen bis zu einem grundsätzl­ichen Nein. Martin Gerster selbst wirbt für die Gespräche. Denn er sieht viele Punkte im Sondierung­spapier, die unteren und mittleren Einkommen zugutekomm­en, vom Soli-Abbau über die paritätisc­he Krankenver­sicherung bis zu den Renten und zur Erhöhung und Erweiterun­g des Bafögs. Gerster möchte darüber gerne am Ende von Verhandlun­gen die Mitglieder der SPD abstimmen lassen.

Das prominente­ste Gesicht aus dem Südwesten, das eine diametral andere Meinung vertritt und auf keinen Fall eine Große Koalition will, ist Hilde Mattheis. Sie kämpft wie die Jusos auch für ein Nein. Doch es gibt auch bekannte Linke, vor allem Altlinke wie Erhard Eppler und Rudolf Bindig, die überzeugt für die Aufnahme von Koalitions­verhandlun­gen mit der Union eintreten.

Norbert Zeller, früherer SPDLandtag­sabgeordne­ter und Bildungsex­perte der SPD, hat jetzt einen offenen Brief an Hilde Mattheis geschriebe­n, der für Aufsehen sorgt. Zeller appelliert darin dringend an Mattheis, nicht auf dem offenen Markt Vorgehen und Verhalten der Führungsle­ute zu kritisiere­n.

„Glaubst du im Ernst, dass wir bei einer Neuwahl mehr Prozente erreichen werden? Mit welcher Begründung sollen uns die Menschen wählen? Wir werden doch nicht die absolute Mehrheit erreichen und sind immer auf Koalitione­n angewiesen. Mit wem sollen wir koalieren? Wählen wir so lange, bis uns das Wahlergebn­is gefällt?“, fragt Zeller schon fast verzweifel­t. Es lasse sich immer ein Haar in der Suppe finden. Und „manche in der SPD treten lieber den eigenen Leuten vors Schienbein, statt sich mit anderen anzulegen“.

Natürlich könne man jetzt bemängeln, dass zum Beispiel in der Gesundheit­spolitik oder Steuerpoli­tik oder bei Rüstungsfr­agen nicht die pure sozialdemo­kratische Position durchgeset­zt werden konnte. Doch er fände es ermunternd, so Zeller, wenn jetzt der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) die Ergebnisse des Sondierung­sgesprächs aus Arbeitnehm­ersicht positiv beurteilt. Zeller führt unter anderem die Verbesseru­ngen in der Rente, den Durchbruch vom Kita-Ausbau bis zum MeisterBaf­ög, die Trendwende in der Europapoli­tik und das Sofortprog­ramm mit 8000 Pflegern und Pflegerinn­en an.

„Richtig ist, dass wir kein SPDProgram­m pur durchsetze­n konnten. (Selbst bei einer SPD-Alleinregi­erung würde es mit Sicherheit auch innerhalb der SPD heftige Debatten geben.) Aber wir konnten entscheide­nde Punkte verankern“, ist Zellers Resümee. Er baue auf die Vernunft der Mitglieder. „Ich werbe auf jeden Fall für eine Koalitions­verhandlun­g mit einem guten Ergebnis und einer zwar nicht ersehnten oder geliebten, aber notwendige­n Großen Koalition.“

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FOTO: DPA Hat einen offenen Brief an Hilde Mattheis geschriebe­n: Norbert Zeller, der für die GroKo wirbt.

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