Kulinarische Überzeugungsversuche für Heynckes
13 Punkte Vorsprung vor dem Spiel, ganz allein an der Tabellenspitze – da kann sich schon mal etwas Trägheit einschleichen. „Ein bisschen ist es uns passiert, wir waren nicht sofort da“, gab Müller zu. Dadurch hatte Werder das seltene Glücksgefühl einer Gastmannschaft, in München in Führung zu gehen. Nach einer kurzen, aber erfolglosen Drangphase der Bayern, schob Jérôme Gondorf dem herauseilenden Sven Ulreich den Ball durch die Beine zum 0:1 ins Tor (25.). Es war nicht die erste Bremer Möglichkeit gewesen, Max Kruse, der das 1:0 durch einen Pass in die Tiefe vorbereitete, hatte bereits den Außenpfosten getroffen (8.).
Es dauerte fast eine Hälfte lang, bis sich die Münchner darauf besannen, dass dieser Nachmittag wieder einmal eine dieser Chancen bot, die sie gerne nutzen: Der direkte Verfolger – dieses Mal RB Leipzig in Freiburg – patzt, die Bayern siegen und vergrößern den Abstand in der Tabelle. Mit Müllers Ausgleichstreffer (41.) schlugen sie gerade noch rechtzeitig den richtigen Weg ein. Eine genaue Flanke Jérôme Boatengs nahm der Kapitän mit der Brust an, entledigte sich so zweier Gegenspieler und traf mit dem Vollspann zum 1:1.
Nach der Pause wählten die Bayern weiterhin den kleinstmöglichen Aufwand, um zum Sieg zu kommen. Trainer Jupp Heynckes gab der Mannschaft mit der Einwechslung von Kingsley Coman und Arturo Vidal nach knapp einer Stunde einen neuen Impuls, Arjen Robben und Javi Martínez verließen das Feld. Vidal hatte sogleich eine gute Chance, zielte aber zu ungenau. Der bis dahin unauffällige Robert Lewandowski machte es besser und erfüllte seinen Auftrag als Mittelstürmer. Eine Ecke von James Rodriguez köpfelte er zum 2:1 (64.) ein. Der Bremer Ausgleich (74.) durch ein Eigentor von Niklas Süle nach einer Ecke Kruses rüttelte die Bayern aber endgültig wach.
An der Außenlinie stand schon Rückkehrer Sandro Wagner bereit. Trainer wird derzeit von den Münchener Verantwortlichen beinahe durchgehend umschmeichelt, seinen Vertrag zu verlängern. Dass der Fußballlehrer nicht leicht zu überzeugen ist, erzählte der 72-Jährige jetzt in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Immerhin hatte er nach seinem Abschied 2013 vom FC Bayern „jede Menge“Angebote, Bevor er ihm aber Platz machte, sorgte Lewandowski per Kopf noch schnell für das 3:2 (76.) nach exakter Müller-Flanke. Der machte dann sechs Minuten vor Schluss mit seinem zweiten Tor des Nachmittags die 100 voll. Für die Vorlage war wieder James Rodriguez verantwortlich, neben Müller einer der besten Spieler an diesem Nachmittag im BayernTrikot. Von Mitspieler Joshua Kimmich erhielt er dafür ein Sonderlob: „Er hat ein sehr gutes Gefühl für den gefährlichen Raum“, sagte der Bösinger. Zum Auftritt der Bayern in der ersten Hälfte sagte Kimmich: „Wir waren einen Tick zu langsam. Wir hatten keine guten Lösungen und haben uns wenige Optionen geboten.“ unter anderem vom FC Chelsea und Paris St. Germain. „Abramowitsch (Chelsea-Besitzer, d. Red.) wollte zu mir nach Hause kommen. Ich sagte: Nein, danke, ich mache nichts mehr. Der Chef von PSG wollte sogar mit seiner ganzen Truppe zu mir auf den Bauernhof kommen, mit Köchen, die dann bei mir kochen sollten. Wollte ich auch nicht“, erzählt Heynckes. (SID)
Jupp Heynckes machte einerseits die gute Leistung der Gäste dafür verantwortlich, dass der Münchner Erfolg lange Zeit fraglich war. „Die Bremer haben sich sehr gut präsentiert. Sie haben nicht wie eine Mannschaft gespielt, die da unten drin steht“, sagte er. Seine Mannschaft habe dagegen „zu behäbig, zu langsam aus der Defensive gespielt“.
Am Ende war es dann aber wie immer: Wenn München und Bremen aufeinandertreffen, ist ein Torspektakel nahezu garantiert. Im Gegensatz zu früher ist aber auch so gut wie sicher, dass die Bayern gewinnen. Das 4:2 am Sonntag war der 15. Sieg gegen Werder in Folge. Dass sich durch den immer weiter wachsenden Vorsprung womöglich eine allgemeine Trägheit einstellt beim Rekordmeister, glaubt Torwart Sven Ulreich nicht: „Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Heute haben wir uns schwer getan, das war harte Arbeit.“