„Fuchur“landet in der Stadthalle
Junges Theater Bonn spielt „Unendliche Geschichte“vor ausverkauftem Haus
– Mehr als 700 junge Zuschauer, meist Schulklassen vom Grundschulalter bis zur siebten Klassenstufe, sind am Mittwochvormittag in der Stadthalle in Tuttlingen gemeinsam mit Bastian, dem Helden aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte“, ins Land „Phantásien“abgetaucht. Das Junge Theater Bonn entführte sie dorthin: in einer Inszenierung mit bezaubernden Bühneneffekten und jugendlichen Darstellern aus dem theatereigenen Nachwuchsensemble in den Hauptrollen.
Bastian Balthasar Bux hält sich auf dem staubigen Dachboden seiner Schule versteckt. Ein Buch hatte ihn zuvor bei einem Antiquar so magisch angezogen, dass er es mitgehen ließ. Diese „Unendliche Geschichte“zieht ihn beim Lesen mehr und mehr in den Bann, bis er schließlich in sie hineinschlüpft. In „Phantásien“warten alle schon dringend auf seine Hilfe. Mithilfe seines Freundes Atréju und vieler fantastischer Geschöpfe rettet Bastian die Kindliche Kaiserin und damit das ganze Land. Um wertvolle Erfahrungen reicher, gelingt ihm aber am Ende auch die Rückkehr aus der Fantasiewelt in sein eigenes, nun glücklicheres Leben.
Buch aus dem Jahr 1979
Im Jahr 1979 startete Michael Endes Roman zum Bestseller durch, wurde mehrfach verfilmt und hat bis heute offenbar nichts an Anziehungskraft verloren. Moritz Seibert und Timo Rüggeberg inszenierten Endes Stoff mit dem „Jungen Theater Bonn“in einer kongenialen Bühnenfassung neu. Die komplexen Erzählstränge des Romans sind aufs Wesentliche reduziert, ohne dabei an Zauber zu verlieren. Professionelles Puppenspiel anstelle von Computeranimation: Laurentiu Tuturugas Puppenentwürfe überzeugten auch das jugendliche Publikum. Glücksdrache „Fuchur“fliegt mit Bastian als Stabpuppe im Schattentheater durch den Wolkenhimmel – oder begleitet ihn auf der Bühne als lebensgroße liebenswürdige Maske, in der die Hände des schwarz gekleideten Jan Herrmann stecken. Und während das „Irrlicht“als leuchtendes „Diabolo“über die Bühne hüpft, führen andere Schauspieler liebenswertskurrile Handpuppen als Winzlinge oder tragen Kopfmasken wie der beeindruckende „Felsenbeißer“.
Tuturuga hat auch das Bühnenbild gestaltet, in dem Szenenwechsel in Höchstgeschwindigkeit erfolgen. Zunächst scheint der Dachboden mit Gebälk und Staubwölkchen aus Trockeneis die ganze Bühne auszufüllen. Bastian (Tristan Witzel) und Atréju (Oscar Kafsack) erzählen abwechselnd die Geschichte weiter bis zur jeweils nächsten Szene, die aus einem Lichtspot herauswächst: Der Mattenwagen, auf dem Bastian liest, wird zur Höhle, aus der heraus sich der Kopf der alten miesepetrigen Schildkröte „Morla“schiebt. Das Antiquariat verwandelt sich zur „Silberstadt“, in der Bastian das Schwert „Sikànda“erhält. Plastikfolien sind als solche kaum mehr kenntlich, wenn sie zum Kaiserlichen Elfenbeinturm verschlungen werden.
Für ihr riesiges Textpensum verdienen beide jungen Hauptdarsteller Bewunderung. Und Szenenapplaus erhielten aus dem Team zudem drei Nachwuchsschauspieler. Sie gaben mit polterndem Gelächter in einer temporeichen Nahkampfszene jene Haudegen, die zu Bastians Leibgarde wurden. Am Ende stand begeisterter Schlussbeifall als größte Anerkennung für die ganze Truppe.