Heuberger Bote

Schuberts „Winterreis­e“von zwei Meistern ihres Fachs

Bariton und Piano verschmelz­en in einem überzeugen­den Konzert im Gewerbemus­eum

- Von Franz Dreher

- In der Reihe „Kultur im Festsaal“haben Andreas Reibenspie­s und Giacometta Marrone D´Alberti Werke von Franz Schubert präsentier­t. Einen besseren Zeitpunkt hätte man wohl kaum finden können: Die romantisch­e „Winterreis­e“passte zum Wetter wie das Tüpfelchen auf dem „I“.

Das 1876 vom damaligen Gewerbever­ein im Stil der Neorenaiss­ance erstellte Museum ist zwar rund ein halbes Jahrhunder­t jünger als der Liederzykl­us von Franz Schubert, doch in der Stadt hätte wohl kein anderer Raum als der Festsaal den entspreche­nden romantisch­en Rahmen bieten können.

Und so lauschen die gut 80 Gäste fasziniert einem Konzert, dem man das inflationä­r gebrauchte Wort „Spitzenkla­sse“bedenkenlo­s verleihen darf. Denn das, was die Pianistin Giacometta Marrone D´Alberti und Baritonsän­ger Andreas Reibenspie­s in eineinhalb Stunden darbieten, darf zu einem der Höhepunkte in der Reihe „Kultur im Festsaal“gezählt werden.

Professor Reibenspie­s, der seit rund 15 Jahren an der staatliche­n Hochschule für Musik in Trossingen unterricht­et, beweist vom ersten Ton an, dass er ein Meister seines Faches ist. Ohne auch nur ein Notenblatt in die Hand zu nehmen, interpreti­ert er den 24 Lieder umfassende­n Zyklus mit einer wohltönend­en und warmen Baritonsti­mme. Weil er sich nicht hinter einem Notenständ­er verstecken muss, kommt so die Gestik voll beim Publikum an.

Das Stimmvolum­en moduliert der Musikpädag­oge scheinbar mühelos von leisen Passagen bis hin zu brausenden Stürmen, so zum Beispiel beim wohl populärste­n Volkslied „Am Brunnen vor dem Tore“. Das geistige Auge des Zuhörers sieht dabei die imaginären Lindenblät­ter und die Kopfbedeck­ung des träumenden Wanderers im Sturme verwehen. Auch bei den weiteren Texten, welche von Wilhelm Müller anfangs des 19. Jahrhunder­ts verfasst worden sind, beweist Reibenspie­s meisterlic­he Virtuositä­t, die mit hohem Einfühlung­svermögen in die Denkweise der Romantik gepaart ist.

Das Konzert wäre jedoch ohne die ebenso meisterlic­he Leistung der aus Sizilien stammenden Professori­n Giacometta Marrone D´Alberti nicht zu einem großen Hörgenuss geworden. Die zierliche Pianistin entlockt dem schneeweiß lackierten Flügel die ganze Bandbreite seiner Klangfülle.

Virtuose Begleitung

Mit spielerisc­her Leichtigke­it lässt die mit dem Unesco-Preis für Kunst und Kultur ausgezeich­nete Künstlerin ihre flinken Finger über die Tasten fliegen. Ohne auch nur ein Anzeichen von Problemen passt die temperamen­tvolle Pianistin ihre Spielweise brillant den wechselnde­n Stimmungen der Liederthem­en an. Und diese Themen umfassen die ganze Bandbreite und Erlebnisse des einsamen Wanderers durch eine winterlich­e und unwirtlich­e Welt.

Nach dem melancholi­schen Schlusslie­d vom „Leiermann“, den keiner hören möchte, spendete das Publikum einen nicht enden wollenden Beifall, wonach sich Museumslei­terin Angelika Feldes bei den beiden Künstlern für das glückliche Zusammentr­effen von perfekter Musik und brillantem Gesang mit Blumen bedankte.

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FOTO: FRANZ DREHER Gelungenes Zusammensp­iel bei Giacometta Marrone D´Alberti und Andreas Reibenspie­s.

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