Zukunftstag Altenpflege wird nicht zum Straßenfeger
Nur ein Interessierter kommt am Freitag ins Elias-Schrenk-Haus – 500 000 freie Stellen in Deutschland
– Zu seinem dritten Zukunftstag Altenpflege hat am Freitag das Elias-Schrenk-Haus in Tuttlingen eingeladen. Dort konnten sich Interessierte sowohl über die Ausbildung zum Altenpfleger als auch über das allgemeine Berufsbild und die Weiterbildungsmöglichkeiten informieren. Nur: Das Interesse war fast gleich Null. Nur der 18-jährige Abiturient Justin Schumacher aus Spaichingen kam.
Schumacher weiß noch nicht genau, was er nach dem Abitur machen will: „Ich orientiere mich in alle möglichen Richtungen, unter anderem auch hin zur Altenpflege.“Sein Wunsch sei es, mit Menschen zu arbeiten, ihnen zu helfen und sie kennen zu lernen. Den Beruf des Altenpflegers hält er für wichtig: „Es ist ein Beruf mit Zukunft“, sagte er. „Es wird immer alte Leute geben, und deshalb wird der Beruf auch immer ein Thema sein. Momentan fehlt den Altenpflegern die Anerkennung.“Schumacher plant, ein Freiwilliges Soziales Jahr zu absolvieren, um zu schauen, ob der Beruf des Altenpflegers etwas für ihn ist.
Simulation macht Junge alt
Beeindruckt hat Schumacher der Simulationsanzug „GERT“. Dieser beinhaltet sowohl Überschuhe, die zu Gangunsicherheit führen, als auch verschiedene Bandagen und Gewichte. In Verbindung mit einer speziellen Brille und einem Kopfhörer kann der Tragende so in den Körper eines etwa 80-Jährigen schlüpfen. Sowohl der Seh- als auch der Hörund Tastsinn werden nahezu komplett eingeschränkt. Außerdem werden die Gelenke durch die Bandagen versteift, und die Gewichte führen zu zusätzlicher Bewegungsunfähigkeit.
Auch Schumacher probierte den Anzug an. „Ich fühle mich wahnsinnig eingeschränkt“, sagte er nach dem Anlegen des Anzugs. Anschließend musste er Aufgaben erledigen. Das Schlimmste sei für ihn die eingeschränkte Hörfähigkeit gewesen. „Die Erfahrung war echt spannend“, sagte er später. „Wenn man einen Pflegeberuf ausübt, muss man sich in die Menschen hineinversetzen können, und das kann ich jetzt auf jeden Fall.“
Attraktivität sinkt
So interessiert wie Schumacher sind jedoch nur wenige, wie Olivia Scheinert sagte. Sie ist Praxisanleiterin, das heißt, sie ist zuständig für die Schüler und Auszubildenden: „Die alten Menschen sind wahnsinnig dankbar. Für mich ist das der schönste Beruf überhaupt.“Trotzdem sei der Beruf in den vergangenen Jahren immer unattraktiver geworden.
Das sieht man auch an den Besucherzahlen des Zukunftstages Altenpflege: „Der Zuspruch ist einfach nicht mehr da. In den vergangenen Jahren waren immer ungefähr sechs bis acht Schüler da, um sich zu informieren", sagte Scheinert. Der Arbeitsmarkt für die Auszubildenden sei blendend: „Es gibt rund 500 000 Stellen in ganz Deutschland. Wenn man die Ausbildung absolviert, kann man sich eine der besser bezahlten heraussuchen", erklärte Scheinert.
Nach dem Abschluss der Ausbildung eröffnet sich zudem ein weites Berufsfeld. Neben dem Beruf des Altenpflegers gibt es auch die Möglichkeit, etwa im Qualitätsmanagement oder beim medizinischen Dienst der Krankenkasse zu arbeiten. „Egal, was man nach dem Ende der Ausbildung macht, die Hauptsache ist es, mit Herz, Hand und Hirn zu arbeiten“, sagte Scheinert.