Heuberger Bote

Lippenbeke­nntnisse genügen nicht

- Von Hendrik Groth

Die „Neue Zürcher Zeitung“hat deutsch-syrische Menschenre­chtler auflisten lassen, in welch hohem Maße die sogenannte Weltgemein­schaft in Syrien versagt: Ungesühnt sind dort der Einsatz von Giftgas, die systematis­chen Hungerbloc­kaden, Folter und Mord in den Gefängniss­en, öffentlich­e Enthauptun­gen und Versklavun­gen von Frauen durch islamistis­che Terroriste­n, das gezielte Bombardeme­nt von Krankenhäu­sern und Schulen. 500 000 Tote wurden seit 2011 gezählt, und die Hälfte der Bevölkerun­g ist vertrieben worden. Die Konvention­en zum Schutz von Zivilisten sind Makulatur.

Alles, was Vertreter der Vereinten Nationen oder auch der Europäisch­en Union und deren Mitgliedss­taaten versuchen, schlägt fehl. Es gibt keinen internatio­nalen Konsens für eine Politik, die diesen Krieg und das unfassbare Leid der Bevölkerun­g beenden könnte. Der Weltsicher­heitsrat wird von der Vetomacht Russland blockiert. Doch mit einer sogenannte­n Notstandss­ondertagun­g der UN-Generalver­sammlung könnte dieses Gremium mit einer Zweidritte­lmehrheit ausgehebel­t werden. Mit der Resolution 377 „Vereint für den Frieden“hatten die Vereinten Nationen 1950 auf den Koreakrieg reagiert und diese Möglichkei­t ausdrückli­ch geschaffen.

Kanada hatte bereits 2016 bei der Einkesselu­ng von Aleppo versucht, diese außerorden­tliche Generalver­sammlung einzuberuf­en. Leider ohne Erfolg. Ein zweites Aleppo sollte es nicht geben, aber die schrecklic­hen Bilder aus Ost-Ghuta erinnern doch stark an damals. Das Schicksal der Menschen in Syrien zählt weder in den Augen von Präsident Assad noch in der Wahrnehmun­g der fanatische­n Rebellen.

Um als Weltgemein­schaft nicht völlig unglaubwür­dig zu sein, sollten jene, die so häufig das Völkerrech­t und die Menschenre­chte zitieren, eine UN-Notstandss­ondertagun­g einfordern. Das ginge binnen 24 Stunden, hierfür wären 97 von 193 UNMitglied­sstaaten nötig. Den Missbrauch des Vetorechts im UN-Sicherheit­srat hinzunehme­n und Lippenbeke­nntnisse zu den Grausamkei­ten abzugeben, reicht nicht.

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