Heuberger Bote

„Klare Verstöße gegen Völkerrech­t“

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- Die Menschen in Ost-Ghuta sterben, weil es an einfachste­n Dingen fehlt, sagte Christof Johnen (Foto: oh), Leiter des Deutschen Roten Kreuzes für internatio­nale Zusammenar­beit, im Gespräch mit Benjamin Moscovici.

Bilder von Tod und Zerstörung aus Ost-Ghuta stammen häufig von Rebellen. Sie haben eigene Quellen. Wie schlimm ist die Lage?

Das Leid der Menschen ist kaum vorstellba­r. Die medizinisc­he Infrastruk­tur ist weitestgeh­end zerstört. Es fehlt an allem, die Verwundete­n können nicht versorgt werden.

Richten sich die Bombardier­ungen gezielt gegen Zivilisten und Krankenhäu­ser?

Ob das gezielt geschieht, kann ich nicht sagen. Aber entgegen der klaren Vorgaben des Humanitäre­n Völkerrech­ts werden militärisc­he Ziele und zivile Einrichtun­gen nicht eindeutig genug unterschie­den und dadurch wird mindestens billigend in Kauf genommen, dass Hunderte von Zivilisten sterben.

Wie haben die Menschen die jahrelange Belagerung überlebt?

Schon 2014 sahen die Orte in der östlichen Ghuta aus wie die Trümmerlan­dschaften in Dresden 1945. Die Menschen hungern, sind völlig ausgezehrt, es gibt kaum noch sauberes Wasser. Aus Mangel an Treibstoff verbrennen die Menschen alte Autoreifen und Plastikmül­l. Jetzt hat sich die Situation noch einmal dramatisch verschlimm­ert. Zum Schutz vor Bomben findet fast das gesamte Leben nur noch in unterirdis­chen Kellern statt. Einfachste Besorgunge­n an der Oberfläche sind nur unter Lebensgefa­hr möglich.

Woran mangelt es am meisten?

Die Menschen sterben, weil es an den einfachste­n Dingen fehlt. Schon mit Verbandsma­terial und Schmerzmit­teln könnte man sehr vielen helfen. All das steht bereit. Das Problem ist: Alle Seiten blockieren Hilfsliefe­rungen insbesonde­re mit medizinisc­hem Material. Dahinter steckt die perfide Logik, dass Medikament­e den Gegner wieder kampffähig machen könnten.

Begeht das syrische Regime Kriegsverb­rechen?

Das humanitäre Völkerrech­t sagt ganz klar, dass keine Waffen eingesetzt werden dürfen, bei denen nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschie­den werden kann. Dort ist auch klar geregelt, dass die Zivilbevöl­kerung zu jedem Zeitpunkt geschützt werden muss. Insofern sind die Bombenangr­iffe auf dicht besiedelte Gebiete wie in der östlichen Ghuta und auf medizinisc­he Einrichtun­gen klare Verstöße gegen das humanitäre Völkerrech­t. Ob das Kriegsverb­rechen sind, müssen Juristen beurteilen.

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