Heuberger Bote

Freispruch für Ferkel-Schützer

Tierschütz­er vom Vorwurf des Hausfriede­nsbruchs freigespro­chen – Bauernverb­and protestier­t

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(AFP/ben) - Der Deutsche Bauernverb­and (DBV) hat den Freispruch für Tierschütz­er, die für Filmaufnah­men in einen Zuchtbetri­eb eindrangen, scharf kritisiert. Das Urteil sei ein „Skandal“und eine „Bankrotter­klärung“, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied am Freitag. Die Kontrolle der Einhaltung von Tierschutz­bestimmung­en obliege den zuständige­n Behörden „und nicht der Selbstjust­iz interessie­rter Gruppen“. Durch das Urteil des Oberlandes­gerichts (OLG) Naumburg in Sachsen-Anhalt würden „der Schutz der Persönlich­keit, des Eigentums, der Sicherheit der Tierbestän­de und der Bauernfami­lien“missachtet, kritisiert­e Rukwied. Strafrecht dürfe „nicht dem medialen Verwertung­sinteresse einzelner Gruppen untergeord­net werden“.

Das OLG hatte am Donnerstag Freisprüch­e für mehrere Tierschütz­er vom Vorwurf des Hausfriede­nsbruchs bestätigt. Die Aktivisten waren zur Dokumentat­ion von Missstände­n in einen Zuchtbetri­eb eingedrung­en. Das Tierwohl sei im vorliegend­en Fall deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht, erklärte das Gericht zur Begründung. Die Tat sei zur Abwendung von Gefahr erforderli­ch gewesen, weil mit einem Eingreifen der Behörden ohne die Filmaufnah­men nach vorherigen Erfahrunge­n nicht zu rechnen gewesen sei.

Die Tierschutz­organisati­on Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt begrüßte das Grundsatzu­rteil als „wegweisend“für den Tierschutz. „Bislang war nicht abschließe­nd gerichtlic­h geklärt, in was für einem juristisch­en Rahmen sich Tierschütz­er bewegen, die unbemerkt Aufnahmen in Ställen anfertigen“, erklärte der Geschäftsf­ührer der Stiftung, Mahi Klosterhal­fen. Die Zustände in der Anlage und das „Versagen“des zuständige­n Veterinära­mts stünden für etliche Fälle, in denen Tierschütz­er die „grausamen Bedingunge­n“in der Nutztierha­ltung ans Licht brächten.

Die drei angeklagte­n Mitglieder einer Tierschutz­organisati­on waren 2013 in zwei Sommernäch­ten in einen Zuchtbetri­eb eingedrung­en, in dem sie Missstände bei der Haltung von Schweinen vermuteten. Sie kletterten dazu über die Umzäunung und erreichten das Innere der Ställe durch geöffnete Türen.

Dort dokumentie­rten sie Verstöße gegen die Haltungsvo­rschriften filmisch. Ihr Material legten sie später den Behörden vor und erstattete­n Strafanzei­ge gegen die Verantwort­lichen. Bei Kontrollen wurden schließlic­h diverse Verstöße gegen die Vorschrift­en festgestel­lt.

Der Bundestags­abgeordnet­e Josef Rief (CDU) sieht in dem Urteil keinen Präzedenzf­all. „Das kann man einfach nicht verallgeme­inern“, sagte Rief der „Schwäbisch­en Zeitung“. Die Freisprüch­e gründen sich nach Ansicht des Abgeordnet­en für den Wahlkreis Biberach allein auf das Versagen der Behörden. „Hausfriede­nsbruch ist und bleibt auch nach dieser Entscheidu­ng eine Straftat“, erklärte Rief. Der Landwirt ist stellvertr­etendes Mitglied im Agraraussc­huss des Bundestage­s und hält selber Schweine. Im Sommer 2016 drangen in Riefs Stall in Kirchberg (Landkreis Biberach) Tierschütz­er ein, um Aufnahmen von seinen Tieren zu machen. Mit dem Film wollten die Aktivisten gegen Massentier­haltung protestier­en. Veterinäre, die den Film danach im Auftrag Riefs prüften, erkannten allerdings keinerlei Beanstandu­ngen bei der Tierhaltun­g. Vor diesem Hintergrun­d hält Rief die aktuelle Entscheidu­ng für „sehr problemati­sch“. Josef Rief: „Es kann nicht sein, dass man versucht, durch eine Straftat eine andere aufzudecke­n.“

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FOTO: DPA Ferkel stehen im Stall eines landwirtsc­haftlichen Betriebes: Das Gericht bewertete in diesem Fall das Tierwohl höher als das verletzte Hausrecht – sehr zum Unmut des Bauernverb­andes.

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