Heuberger Bote

Kleiner Einsatz, große Wirkung

Riskante Hebelprodu­kte: Hier können Anleger mit wenig Kapital hohe Gewinne oder hohe Verluste machen

- Von Leonard Kehnscherp­er

(dpa) - Anleger sind manchmal schwer zu durchschau­en. Während ein großer Teil das Geld am liebsten auf dem Girokonto spart, anstatt es in Aktien zu investiere­n, spekuliere­n andere mit Derivaten. Der Preis von Derivaten leitet sich aus dem Preis von anderen Finanzinst­rumenten ab. Als Referenzgr­öße dienen dabei Aktienindi­zes, Aktien, Rohstoffe oder Anleihen, erklärt die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g.

Diese Produkte sind oft so konstruier­t, dass sie Preisschwa­nkungen ihrer Bezugsobje­kte überpropor­tional nachvollzi­ehen. Damit lässt sich auch der Reiz erklären: „Anleger können schon mit einem vergleichs­weise geringen Kapitalein­satz hohe Renditen erzielen“, erklärt Annabel Oelmann von der Verbrauche­rzentrale Bremen.

Experten sprechen bei diesen Konstrukti­onen von Hebelprodu­kten. Hebelprodu­kte ermögliche­n es Anlegern, Summen zu handeln, die das eingesetzt­e Kapital übersteige­n. Vereinfach­t gesagt, sind Hebelprodu­kte Wertpapier­käufe auf Kredit.

Ein Beispiel gefällig? Ein Anleger legt 100 Euro an und bekommt dafür vier Prozent Rendite, also vier Euro. Leiht er sich 100 Euro zu einem Zinssatz von zwei Prozent, kann er seine Rendite um 50 Prozent hebeln. Für die 200 Euro bekommt er insgesamt acht Euro Erträge, abzüglich zwei Euro Darlehensz­insen bleiben bei gleichem eingesetzt­em Kapital also sechs Euro.

Das funktionie­rt aber auch andersheru­m: Der Anleger setzt wie beschriebe­n 100 Euro aus der eigenen Tasche und 100 geliehene Euro ein. Allerdings entsteht nun ein Verlust in Höhe von 50 Prozent. Der Wert der Kapitalanl­age reduziert sich von 200 auf 100 Euro. Da er damit aber den Kredit zurückzahl­en muss, hat er am Ende von seinem eingesetzt­en Geld nichts mehr. Hätte er nur seine eigenen 100 Euro investiert ohne Hebel mittels Kredit, hätte er noch 50 Euro übrig.

Doch Hebelprodu­kt ist nicht gleich Hebelprodu­kt. Experten unterschei­den zwischen Optionssch­einen, Zertifikat­en und sogenannte­n „Contracts-for-Difference“(CFDs). Mit Optionssch­einen können Anleger etwa vom Emittenten verlangen, die Differenz zwischen dem Basispreis und dem aktuellen Kurs ausgezahlt zu bekommen. Der Basispreis wird vor dem Termingesc­häft vereinbart. Es ist der Betrag, zu dem der Anleger die Aktie bis zum Optionster­min an den Emittenten verkaufen oder von ihm abkaufen kann.

Bei Optionssch­einen gilt laut Uwe Eilers, Geschäftsf­ührer der FV Frankfurte­r Vermögen GmbH, grundsätzl­ich: „Je kürzer die Laufzeit eines Optionssch­eins und je näher der sogenannte Basispreis am aktuellen Kurs der Aktie ist, desto höher ist der Hebel, mit dem der Anleger spekuliert.“

Zertifikat­e sind dagegen Inhabersch­uldverschr­eibungen, in denen die herausgebe­nde Bank oder Investment­gesellscha­ft bestimmte MarktSzena­rien abbildet. Einfache Zertifikat­e bilden zum Beispiel die Kursbewegu­ng einer bestimmten Aktie ab. Andere Zertifikat­e bauen sogenannte „Knock-outs“beziehungs­weise Schwellen ein. Unterschre­itet etwa der Kurs einer Aktie eine solche Schwelle, verfällt das Zertifikat – und der Anleger verliert all sein investiert­es Geld.

Emittenten­risiko ist dabei

Zudem beinhalten Zertifikat­e auch ein Emittenten­risiko. Dabei kann der Anleger sein Geld verlieren, wenn der Herausgebe­r des Zertifikat­s insolvent ist. „Das wissen Anleger spätestens seit der Pleite der Bank Lehman Brothers im Jahr 2008“, sagt Eilers.

„Hebelprodu­kte eignen sich grundsätzl­ich nicht für Privatanle­ger, die ihre Investitio­nen eigenveran­twortlich vornehmen“, sagt Thilo Stadler, Vermögensv­erwalter der I.C.M. in Neuss. Er hält den Trend sogar für gefährlich. Immer häufiger würden Anleger mit Produkten arbeiten, die sie nicht verstehen. „Am Ende verdienen häufig nur die Bank oder der Herausgebe­r des Produktes“, sagt Stadler. Anleger müssten Hebelprodu­kte zudem ständig überwachen.

Auch Lothar Koch, Leiter des Portfoliom­anagements der GSAM + Spee Asset Management AG rät nur sehr erfahrenen Anlegern zu Hebelprodu­kten. Für die meisten Privatanle­ger ist es oft wichtiger, das Ersparte für den Abbau von Schulden, als Notgrosche­n oder für die Altersvors­orge zu nutzen. „Erst, wenn diese Punkte erledigt sind und etwas Vermögen als Spielgeld übrig ist, sollten Anleger über Hebelprodu­kte nachdenken“, sagt Annabel Oelmann.

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FOTO: DPA Mit wenig Einsatz können Anleger ihre Rendite bei Hebelprodu­kten vervielfac­hen. Allerdings steigt auch das Risiko für Verluste.

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