Ist dabei sein wirklich alles?
Natürlich geht es im Sport immer um Wettkampf. Sonst müsste kein Curler auf die Idee kommen, sich Herzmedikamente ins Getränk mischen zu lassen, und kein Langläufer würde am Asthmaspray wie ein Nikotinsüchtiger am Glimmstängel sau- gen – von anderen Dopingpraktiken nicht zu reden.
Nachtests werden auch diesmal aus unglücklichen Vierten noch mehr oder weniger glückliche (und kaum beachtete) Medaillengewinner machen. Der Medaillenspiegel ist nur eine Momentaufnahme. Dazu kommt: In manchen Disziplinen werden Medaillen unter die Olympioniken geworfen, wie anderswo Gutsle. Nichts gegen Rodeln, aber dass es da neben den Einzelund Doppelsitzerwettbewerben noch ein seltsames Rodelstaffelrennen gibt, verstehen wohl höchstens eifrige Medaillenzähler. Oder wofür neben Sprint-, Verfolgungs-, Massenstartrennen im Biathlon auch noch Mixed-, Frauen- und Männerstaffeln?
Weniger Medaillen wären manchmal mehr Emotionen. Apropos: Mein persönlicher Olympiamoment von Pyeongchang wird Snowboarderin Silvia Mittermüller bleiben, die trotz Fiebers und ihrer unmittelbar vor dem Wettkampf zugezogenen schweren Knieverletzung noch die Slopestylestrecke am Rand hinunterrutschte, nur, um für immer als Olympiateilnehmerin in den Büchern zu stehen.
In den vergangenen zwei Wochen hat sich ein Ritual eingeschlichen: Früh morgens geht der Griff zur Fernbedienung und es folgt der Blick auf den Medaillenspiegel im Teletext. Weil Deutschland abwechselnd mit Norwegen dort seit Beginn der Olympischen Spiele die Spitzenposition einnahm, begannen die Tage immer glänzend – mal in Gold, mal in Silber, mal in Bronze.
Jetzt behaupte noch einer, es käme nicht auf die Medaillen an, es zähle nur der olympische Gedanke. Wer in die enttäuschten Gesichter der Viertplatzierten schaut, darf daran berechtigte Zweifel hegen. Und überhaupt: Wissen Sie vielleicht noch, wie der Mann heißt, der im Riesenslalom vor einer Woche Platz vier belegte? Eben. In Erinnerung aber bleiben die Freudentränen des Goldjungen Andreas Wellinger, der Jubel der drei deutschen nordischen Dominierer oder die sensationelle Goldkür im Eiskunstlauf von Savchenko/Massot. Die Welt – zumindest die deutsche – spricht doch heute noch von der GoldRosi, die vor 42 Jahren (!) in Innsbruck mehrmals olympisches Edelmetall gewonnen hat. Das Wort „Blech-Hans“hört man eher seltener. Außerdem ist es doch ausgleichende Gerechtigkeit, dass unsere Sportler vor der ganzen Welt glänzend bestehen, während es innenpolitisch eher weniger rund läuft. Übrigens: Žan Kranjec aus Slowenien wurde Vierter im Riesenslalom.
Der Medaillenspiegel ist nur eine Momentaufnahme. Von Filippo Cataldo Noch heute spricht man von der Gold-Rosi. Von Simone Haefele