Ungestümer Teenager im Club der strebsamen Chorknaben
So will der neue BMW X2 Schluss machen mit der Langeweile bei den kleinen SUV
er Faktor X hat sich bei BMW zu einem Garanten des Erfolgs entwickelt. Denn seit die Bayern in jeder Klasse einen Geländewagen anbieten, machen die X-Modelle weit mehr als ein Drittel des Absatzes aus. Doch weil genug bekanntlich nie genug ist und man an einem SUV mehr verdient als an einer Limousine, legen sie in diesem Jahr noch einmal ordentlich nach: Oben erweitern sie die Modellpalette um den feudalen X7, und unten füllt der freche X2 die letzte Lücke in der Zahlenreihe. Ab März zu Preisen ab zunächst 39 200 und später dann – mit dem vollen Motorenprogramm – bereits ab 34 050 Euro erhältlich, soll er für frischen Wind in einem Segment sorgen, das mit Autos wie dem Audi Q3, dem Mercedes GLA und vor allem dem BMW X1 mittlerweile ein bisschen brav und bieder geworden ist. Und nebenbei darf er natürlich auch wieder ein bisschen mehr Geld in die Kasse spülen. Schließlich ist er 1800 Euro teurer als ein X1.
Dafür haben die Designer den X1 aber auch komplett neu eingekleidet: Das Dach des X2 ist sieben Zentimeter flacher und die Heckscheibe etwas stärker geneigt. Doch viel wichtiger noch ist die neue, sehr viel provokantere Linie, die mit dem X2 ins BMW-Design Einzug hält. Die Niere ist unten erstmals breiter als oben, das glatte Heck mit den stark angeschnittenen Leuchten hat beinahe etwas von Alfa Romeo, und die Radläufe sind annähernd quadratisch: „Wir eröffnen ein neues Segment und treten dort entsprechend frisch und selbstbewusst auf“, lobt Designchef Josef Kaban die neuen Freiheiten.
Der Weg wird zum Ziel
Aber der X2 leistet sich nicht nur den Auftritt eines jungen Wilden. Sondern er fühlt sich auch ein bisschen frecher und forscher an und gibt so den ungestümen Teenager im Club der strebsamen Chorknaben. Auch wenn er die gleiche Technik und dieselbe Plattform nutzt wie sein braver Bruder X1 und die noch langweiligeren Tourer der Zweier-Reihe, ist er spürbar strammer und sportlicher ausgelegt: Vor allem in den Sportsitzen des M-Pakets fühlt man sich der Fahrbahn deshalb enger verbunden und greift engagierter ins Steuer. Die Lenkung wirkt direkter, das Fahrwerk bügelt den Asphalt nicht ganz so glatt, und während es im X1 meist doch nur noch ums Ankommen geht, wird hier mal wieder der Weg zum Ziel. Die Freude am Fahren feiert ein fröhliches Comeback.
Zwar hat der X2 eine völlig neue Niere – doch dahinter werkeln alte Bekannte: Zunächst sind das der 192 PS starke 2,0-Liter-Benziner für den X2 20i sowie zwei 2,0-Liter-Diesel mit 190 PS im X2 20d und 231 PS im X2 25d. Und weil sich der X2 – wie der X1 und der Mini Countryman – die Plattform mit den Tourern der Zweier-Reihe teilt, treiben die Motoren eben nicht die Hinter- sondern die Vorderräder an. Es sei denn, man entscheidet sich für den 25d, der serienmäßig über Allrad verfügt. Oder man greift zukünftig noch etwas tiefer in die Tasche: Denn mittelfristig wird es fast alle Motorvarianten auch mit xDrive geben.
Motor macht mächtig Dampf
Allerdings muss man für die Fahrfreude nicht ganz oben einsteigen. Schon der, nun ja, schwächere Diesel hinterlässt einen starken Eindruck – kein Wunder bei 400 Newtonmetern. Spätestens, wenn der Fahrerlebnisschalter in den Sportmodus rutscht, macht der Motor mächtig Dampf, drückt den X2 in 7,7 Sekunden auf Tempo 100 und schreitet so engagiert aus, dass man die Höchstgeschwindigkeit von fast schon mageren 221 km/h kaum glauben mag. Denn in der Wahrnehmung fühlt sich der X2 wesentlich schneller an.
Später erweitern die Bayern das Programm noch um den Dreizylinder-Benziner mit 140 PS im X2 18i sowie um den selbstzündenden X2 18d mit 150 PS. Damit drücken sie den Preis auf bis zu 34 050 Euro und den Verbrauch im besten Fall auf sozialverträgliche 4,5 Liter, so ihr Versprechen. Für den Absatz mag das der richtige Weg sein. Aber fürs Image fehlt jetzt noch was am anderen Ende. Denn wenn eines der kleinen XModelle noch ein M-Logo verkraften könnte, dann der X2.
Mit dem Fokus auf der Fahrfreude ändern sich auch sonst ein wenig die Prioritäten. Denn anders als im X1 sind Kind und Kegel hier nicht ganz so wichtig: Man sitzt zum Beispiel im Fond beengter. Und der Kofferraum ist mit seinen 470 bis 1355 Litern erstens nicht ganz so groß, hat zweitens die höhere und damit unbequemere Ladekante und drittens den kleineren Ausschnitt. Aber ein bisschen Egoismus bei der Fahrzeugwahl kann ja wahrscheinlich nicht schaden. Und wenn man den X2 nicht mit dem X1 vergleicht, sondern etwa mit dem fünftürigen Einser, der ein ganz ähnliches Format hat, sieht die Sache plötzlich schon anders aus.
Außerdem soll niemand sagen, er sei nicht gewarnt worden. Sondern man muss nur genau hinschauen, dann weiß man auf Anhieb, wie beim X2 der Hase läuft. Nicht umsonst trägt er nämlich als aktuell einziger X das BMW-Logo auch auf der C-Säule – und das ist seit dem legendären M1 das ultimative Sportabzeichen.