Heuberger Bote

Streit um die Tafel in Essen hält an

Aufnahmest­opp für Ausländer wird heftig diskutiert

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ESSEN (dpa) - Die Essener Tafel hat am Mittwoch wie geplant neue Bezugskart­en für Lebensmitt­elpakete an bedürftige Deutsche ausgegeben. Dabei wurden Bewerber mit ausländisc­hen Pässen weggeschic­kt. Der Streit über diese Entscheidu­ng geht derweil weiter. In München sagte CSU-Chef Horst Seehofer: „Ich würde uns Politikern empfehlen, solche Dinge nicht zu kritisiere­n, sondern miteinande­r zu überlegen, wie man denen, die diesen Hilferuf absetzen, helfen kann.“

(dpa/KNA) - Die Enttäuschu­ng ist groß bei den Ausländern vor der Essener Tafel. Sie stehen am Mittwochmo­rgen für eine neue Berechtigu­ngskarte für Nahrungsmi­ttel an, bekommen aber keine mehr. Derweil hält die politische Diskussion über das Thema an.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte am Mittwoch die Einrichtun­g eines runden Tischs zur Lösung der Probleme. Regierungs­sprecher Steffen Seibert sagte, die Kanzlerin sehe den Einsatz von Ehrenamtli­chen zur Verteilung von Lebensmitt­eln für Bedürftige mit „größtem Respekt“. Das habe sie auch in einem Telefonges­präch mit dem Essener Oberbürger­meister Thomas Kufen (CDU) deutlich gemacht.

„Bedürftigk­eit ist Bedürftigk­eit. Dafür ist nicht die Staatsange­hörigkeit die Richtschnu­r“, sagte Seibert. Beispiele in anderen Städten könnten eventuell für Essen hilfreiche Hinweise geben, wie das Problem angegangen werde. Entscheidu­ngen müssten vor Ort getroffen werden. Allerdings sei zu klären, welche Hilfe von außen gegeben werden könne. Dies sei auch Aufgabe des runden Tischs.

Dobrindt gibt Essener Tafel recht

Die Essener Tafel stellt neue Berechtigu­ngen zum Empfang von Lebensmitt­eln seit dem 10. Januar vorübergeh­end nur noch für Bürger mit deutschem Ausweis aus. Begründet wird dies mit einem hohen Ausländera­nteil, weshalb sich etwa viele ältere Menschen nicht mehr wohlfühlte­n und das Hilfsangeb­ot nicht mehr wahrnähmen. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt verteidigt­e den Beschluss der Essener: „Es ist richtig, dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer Verdrängun­g kommt an der Tafel.“

Merkel hatte deutliche Kritik geäußert: „Da sollte man nicht solche Kategorisi­erungen vornehmen. Das ist nicht gut“, sagte sie. Nach ihrer Kritik war auch Merkel unter Beschuss geraten. „Wenn Helfer bedrängt werden, dann sollte die Politik die Tafel nicht kritisiere­n, sondern Hilfe anbieten“, sagte FDP-Chef Christian Lindner der „Bild“-Zeitung. Ähnlich äußerte sich Grünen-Chef Robert Habeck: „Letztlich baden Freiwillig­e aus, was die Politik versäumt hat. Die Antwort kann nur sein, dass wir Integratio­n genauso vorantreib­en wie den Kampf gegen Armut.“

Der innenpolit­ische Sprecher der Union im Bundestag, Stephan Mayer, äußerte, man müsse dem Eindruck entgegenwi­rken, dass wegen der „enormen Mittel, die der Staat für Flüchtling­e und Migranten aufwendet, hilfsbedür­ftige Deutsche schlechter gestellt werden“, sagte er.

Der AWO-Bundesvors­itzende Wolfgang Stadler nannte den Aufnahmest­opp „ethnisch diskrimini­erend und für uns nicht akzeptabel“. Dem SWR sagte er, allerdings könnten die Tafeln die steigende Zahl der Bedürftige­n nicht allein bewältigen. Die AWO fordere seit Jahren, die Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger anzupassen. Caritas-Präsident Peter Neher sagte der „Bild“: „Statt kluger Ratschläge sollten die Verantwort­lichen darin unterstütz­t werden, wie sie mit der offenbar schwierige­n Situation umgehen, ohne zwischen einheimisc­hen und ausländisc­hen Bedürftige­n zu unterschei­den.“

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FOTO: DPA Kunden der Essener Tafel warten vor der Ausgabeste­lle.

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