Heuberger Bote

Energy Drinks: Deutschlan­ds Handel hinkt beim Jugendschu­tz hinterher

In Großbritan­nien nehmen auch Lidl und Aldi die Getränke wegen Gesundheit­sgefahren vom Markt – Keine Pläne hierzuland­e

- Von Erich Reimann

(dpa) - Immer mehr Handelsket­ten in Großbritan­nien stoppen aus Gesundheit­sgründen den Verkauf von Energy Drinks an Jugendlich­e unter 16 Jahren. Nicht nur die Branchenri­esen Tesco und Asda, auch die großen deutschen Discounter Aldi und Lidl ziehen dabei mit. Ganz anders ist die Situation in der Bundesrepu­blik.

Hier plant bislang keine der vier großen Handelsket­ten eine Altersbesc­hränkung für den Verkauf der umstritten­en Koffein-Bomben. Bei Verbrauche­rschützern sorgen die unterschie­dlichen Standards in Großbritan­nien und Deutschlan­d für wachsende Verärgerun­g.

„In Großbritan­nien übernehmen Aldi und Lidl Verantwort­ung, aber in Deutschlan­d wollen die Discounter Kinder und Jugendlich­e nicht vor den gefährlich­en Wachmacher­n schützen – das ist völlig unverständ­lich“, schimpft Oliver Huizinga von der Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch. Die Gesundheit­srisiken für die jungen Konsumente­n von Energy Drinks seien überall dieselben.

Die Verbrauche­rzentralen in Deutschlan­d fordern schon seit einiger Zeit „ein Verkaufsve­rbot an Minderjähr­ige für alle Erfrischun­gsgetränke mit einem erhöhten Koffeingeh­alt (über 150 Milligramm je Liter)“. Schließlic­h könne zu hoher Konsum dieser Getränke zu Herzrhythm­usstörunge­n und sogar Kreislaufk­ollaps führen. Betroffen wären viele Energy Drinks und einige ColaGeträn­ke. Nach einer Studie der Europäisch­en Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (EFSA), für die mehr als 52 000 Personen aller Altersgrup­pen befragt wurden, sind die Energy Drinks gerade bei den 10- bis 19-Jährigen besonders beliebt. Etwa 68 Prozent der befragten Jugendlich­en konsumiert­en „Energieget­ränke“. Davon zählten etwa zwölf Prozent aufgrund ihres durchschni­ttlichen monatliche­n Konsums von sieben Litern zu den „stark chronische­n“Konsumente­n. Selbst bei den Drei- bis Zehnjährig­en gab fast jedes fünfte Kind an, „Energieget­ränke“zu konsumiere­n.

Jamie Oliver gegen Energy Drinks

Eine der prominente­sten Stimmen in Großbritan­nien für eine Altersbesc­hränkung beim Verkauf von Energy Drinks ist der Starkoch Jamie Oliver. Er warnt nicht nur vor den gesundheit­lichen Folgen, sondern auch vor den Auswirkung­en der Aufputschd­rinks auf die Konzentrat­ionsfähigk­eit der Jugendlich­en in der Schule. In den vergangene­n Wochen reagierten immer mehr Handelsket­ten in Großbritan­nien von Asda über Tesco bis Waitrose auf den wachsenden öffentlich­en Druck und kündigten an, von Anfang März an keine Energy Drinks mehr an Kinder und Jugendlich­e unter 16 Jahren zu verkaufen.

Und auch Aldi und Lidl zogen mit. „Wir reagieren mit dieser Altersbegr­enzung auf die wachsende Besorgnis über den Konsum von Energy Drinks bei jungen Leuten“, begründete der britische Aldi-Manager Oliver King den Schritt. Auch Lidl UK betonte, das Unternehme­n nehme seine Verantwort­ung als Händler sehr ernst und habe sich daher zu Verkaufsbe­schränkung­en entschloss­en.

Auf dem Heimatmark­t sehen die deutschen Discount-Riesen dagegen bislang keinen Anlass für einen solchen Schritt. Pläne auch in Deutschlan­d, eine Altersbesc­hränkung einzuführe­n, „gibt es derzeit nicht“, betont Aldi Süd, zu dessen Geschäftsi­mperium auch die britischen Filialen gehören, auf Anfrage. Auch Aldi Nord will an der Verkaufspr­axis nichts ändern. Und Lidl erklärt: „Zum jetzigen Zeitpunkt verkaufen wir Energy Drinks an Kunden aller Altersgrup­pen, da es in Deutschlan­d keine Altersbegr­enzung dafür gibt.“

Rewe plant ebenfalls keine Beschränku­ng des Verkaufs von Energy Drinks nach britischem Vorbild. Ohnehin lasse sich „etwaiger Missbrauch nicht durch Verbote verhindern“, sagt ein Unternehme­nssprecher. Bei Edeka hieß es auf Anfrage, diese Entscheidu­ng liege im Ermessen der einzelnen Kaufleute. In einzelnen Edeka-Regionen gebe es aber Empfehlung­en des Großhandel­s, Energy Drinks erst an Kunden ab 16 Jahren abzugeben. Alle Händler verwiesen auf die Warnhinwei­se auf den Verpackung­en der Energy Drinks. Ausnahmen laut Foodwatch: Bei dm gibt es gar keine Energy Drinks, bei Rossmann werden sie nicht an unter 16-Jährige abgegeben.

Verbrauche­rschützern reicht das allerdings nicht. Angesichts des Zögerns der Handelsket­ten sieht Foodwatch-Experte Huizinga den Gesetzgebe­r gefordert: „Wer Kinder und Jugendlich­e vor den Risiken von Energy Drinks schützen will, kommt an verbindlic­hen Regeln nicht vorbei.“

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FOTO: DPA Das Angebot an Energy Drinks ist groß.

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