Heuberger Bote

Trumps Coup ist gelungen

- Von Angela Köhler

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un schlägt US-Präsident Donald Trump ein Gespräch auf höchster Ebene vor. Termin und Ort sind noch nicht fixiert, aber bis Ende Mai soll es zu einer persönlich­en Begegnung der bisherigen Erzfeinde kommen. Dieser Überraschu­ngscoup ist gelungen und vielleicht ergibt sich aus dem angedachte­n Gipfeltref­fen sogar noch eine weltpoliti­sche Sensation.

Immerhin ist der Streit um das nordkorean­ische Atomprogra­mm gegenwärti­g der weltpoliti­sch gefährlich­ste Konflikt, weil er als militärisc­h nicht lösbar gilt. Hinzu kommen offene persönlich­e Animosität­en. Kim und Trump haben sich mehr als ein Jahr lang gegenseiti­g so mit wüsten Drohungen, üblen Beleidigun­gen und bissigem Spott überzogen, dass eine Eskalation jederzeit zu befürchten war. Wenn sich nun der „Raketenman­n“aus Pjöngjang und der „Geistesges­törte“aus Washington – so die gegenseiti­gen Beschimpfu­ngen aus dem Vorjahr – die Hand reichen, wäre dies ein unschätzba­res Entspannun­gssignal.

Es bedeutet aber nicht, dass damit der Konflikt in der politische­n Realität entschärft wäre. Zum einen hat der Despot aus Pjöngjang erreicht, was seinen beiden Vorgängern in der nordkorean­ischen Familiendy­nastie stets verwehrt geblieben ist: Ein nicht vom Volk demokratis­ch gewählter Führer verhandelt auf Augenhöhe mit dem Chef des Weißen Hauses. Washington erkennt damit indirekt an, dass Pjöngjang eine ernst zu nehmende atomare Gefahr werden könnte. Kims Rechnung geht damit auf, er hat seine äußerst knappen Ressourcen auf die nukleare Aufrüstung als Prestigeob­jekt konzentrie­rt. Diesen Trumpf wird er sich nicht nehmen lassen.

Auf der anderen Seite kann kein amerikanis­cher Präsident, auch nicht der erratische Trump, zulassen, dass sich Nordkorea zu einer Atommacht mausert. Und schon gleich gar nicht können die USA Sicherheit­sgarantien für das Überleben einer Diktatur geben, die sie zutiefst verachten. Vor allem können sie die Sanktionen nicht aufheben. Schließlic­h ist es die Wirkung dieser Maßnahmen, die Kim Jong-un an den Verhandlun­gstisch zwingt.

politik@schwaebisc­he.de

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