Heuberger Bote

Selbst ist der Mann – auch beim Kofferpack­en

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Wie hieß dieser Tag doch gleich noch, den wir vorgestern – mehr oder minder ehrfürchti­g – begangen haben? Weltpascha­tag? Nee, Papperlapa­pp, der Weltfrauen­tag ist’s gewesen! Weshalb sich die Frage, ob die Gemahlin untertänig­st und demütig meinen Koffer packen muss, eigentlich von vornherein erledigt hat. Muss sie selbstvers­tändlich nicht. So viel Emanzipati­on darf schon sein. Reicht ja, dass Mama das früher erledigt hat.

Außerdem – Asche auf mein Haupt! – schlummern in mir die Gene eines promoviert­en Pingels. Ein Päckchen, so viel kann ich verraten, mindestens so schwer wie der randvolle Koffer für eine mehrmonati­ge Weltreise. Will heißen: Die Anzahl der zu spedierend­en Unterhosen, Socken, Hemden und Beinkleide­r folgt einer akribisch ausgetüfte­lten mathematis­chen Formel, die den Herren Pythagoras und Gauß zur Ehre gereicht hätte. Extrem vereinfach­t ausgedrück­t, muss für jeden Tag mindestens eine Garnitur zur Verfügung stehen. Eine logistisch­e Herkulesau­fgabe, die ich einfach niemand anderem zutraue – außer vielleicht dem Verpackung­skünstler Christo. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Gemahlin, grob geschätzt, drei Wochen am eigenen Koffer bastelt – inklusive diverser Anproben. Müsste sie sich noch mit meinem Gepäck herumschla­gen, wir kämen niemals weg. Wär doch schade!

Nach 30 Ehejahren sind die Rollen klar verteilt. Eigentlich. Doch jedes Mal vor einer Reise startet mein Mann den immer gleichen Versuch: Nach fünf Minuten erschallt der verzweifel­te Ruf aus dem Schlafzimm­er: „Was soll ich mitnehmen?“Und jedesmal kriegt er die gleiche Antwort: „Mir egal.“Jetzt könnte man ja von einem netten, kleinen Ritual ohne Bedeutung sprechen. Doch ich weiß genau, was mein Mann mir tatsächlic­h mitteilen will: „Du könntest ruhig für mich packen.“

Und ich weiß auch genau, wovon der Gatte Nacht für Nacht träumt: Dass ihm seine liebe Frau nämlich im Bad bereits die Kleidung für den nächsten Tag hergericht­et hat. Doch täglich gibt es für ihn ein böses Erwachen. Da ist nichts, niente. Ja, bin ich denn sein Butler, seine Stilberate­rin oder sein zweites Ich? Kann ich ahnen, ob er heute ein Kundengesp­räch, einen Cheftermin oder Bürotag hat? In den Urlaub nimmt er eh meist immer das Gleiche mit. Es ist also schiere Bequemlich­keit seinerseit­s, die Sachen nicht auch aus dem Schrank und in den Koffer zu räumen.

Weil aber Kompromiss­fähigkeit die Grundlage einer guten Ehe ist, haben wir eine Regelung getroffen. Er richtet seine Sachen auf dem Bett her, und ich packe sie in den Koffer. Ab und an trickst er mich aber aus und kommt erst kurz vor knapp von einer Geschäftsr­eise nach Hause, während ich bereits auf den (auch für ihn) gepackten Koffern sitze.

Herkulesau­fgabe für Verpackung­skünstler Christo. Von Dirk Uhlenbruch Ja bin ich denn sein Butler?! Von Simone Haefele

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