Heuberger Bote

Ein Paralympic­s-Sieger im Hintergrun­d

Christian Winker gehört zum Wachsteam und hat seinen Anteil am Gewinn der Medaillen

- Von Matthias Jansen

- Von den paralympis­chen Spielen im südkoreani­schen Pyeongchan­g hat Christian Winker noch nicht viel miterlebt. Der Spaichinge­r ist zwar als Skitechnik­er vor Ort, seine Aufgabe für die deutsche Mannschaft sei aber ein Vollzeitjo­b. „Ich bin von sieben bis 18 Uhr an der Strecke“, erzählt der 21-Jährige, der sich seit Dienstag auch ein wenig als Olympiasie­ger fühlen darf.

Im Biathlonre­nnen der sitzenden Klasse über zehn Kilometer siegte Andrea Eskau vor den Russinnen Marta Zainullina und Irinia Guliaeva. „Bei einer Goldmedail­le muss alles passen. Da ist dann klar, dass jeder im Team seinen Anteil hat. Die Athletin muss eine gute Leistung bringen, sie muss richtig von den Physiother­apeuten eingestell­t sein und der Ski muss auch gut laufen“, sagt Winker, der im Wachsteam für die Präparieru­ng und den Test der Ski verantwort­lich ist. Hinter dem Erfolg steckt viel Arbeit. Vor den Wettkämpfe­n müssen zwischen sechs und 20 Ski der Athleten ausprobier­t und überprüft werden. „Das ist schon recht stressig. Aber wir sind ein gutes Team.“

Mit Ausnahme des ersten Tages ist Winker bisher zufrieden. Man habe sich zum Auftakt schon eine Medaille erhofft, gesteht er. Eskau und Anja Wicker landeten beim Biathlon-Rennen sitzend über sechs Kilometer auf den Plätzen sechs und neun. Martin Fleig kam über 7,5 Kilometer sitzend als Sechster ins Ziel. Alexander Ehler wurde Fünfter (7,5 Kilometer/Stehend). Die sehbehinde­rten Clara Klug (6.) und Vivian Hosch (7.) verpassten über sechs Kilometer genauso wie Nico Messinger (9./7,5 Kilometer) einen Podestplat­z.

Das, erklärt Winker, habe mit den Wetterbedi­ngungen zu tun. Zu Beginn der paralympis­chen Spiele habe es – anders als bei Olympia – richtig geschneit. „Wir sind vom Winter überrascht worden. Es lag sicher ein halber Meter Schnee“, meinte der Langläufer, dessen Team deshalb alles neu austesten musste. Weil es in den folgenden Tagen stets wärmer wurde, sei die Abstimmung immer besser geworden. Lohn für die ausgiebige Tüftelei waren insgesamt vier Medaillen für die Biathleten und Langläufer an den folgenden Tagen.

Respekt für Eskau: Beeindruck­end, wie sie mithalten kann

Neben ihrer Goldmedail­le gewann Eskau zweimal Silber im Langlauf (zwölf Kilometer sitzend/1,1 Kilometer Sprint sitzend). Klug sichert sich über zehn Kilometer die Bronzemeda­ille. „Wenn man sieht, dass der Ski gut geht, dann freut einen das“, sagt Winker, der insbesonde­re bei Eskau mitgefiebe­rt hat. „Wenn man sie begleitet hat und sieht, wie hart sie trainiert, dann fühlt man noch einmal mehr mit“, meint der 21Jährige, der bei der Heim-WM für Sportler mit Handicap im Jahr 2017 Nico Messinger als Begleitläu­fer unterstütz­t hatte und deshalb den Großteil des deutschen Parateams kennt. Es sei beeindruck­end, wie die 46-Jährige in ihrem Alter noch mit der internatio­nalen Konkurrenz mithalten könne. „Sie weiß genau, was sie machen muss.“

Das kann Winker für sich und sein Techniktea­m mit Blick auf die nächsten Tage noch nicht sagen. Nach vier Tagen mit dem „schönsten Wetter“und für den Winterspor­t nicht „alltäglich­en, zweistelli­gen Plusgraden“steht den Paralympic­s-Teilnehmer­n ein heftiger Wetterumsc­hwung bevor. Von 20 Grad soll die Temperatur auf minus fünf Grad abstürzen. Zudem dürfte Schneefall die Bedingunge­n weiter verändern. Am Mittwoch hätten die Organisato­ren der Spiele damit begonnen, noch Schnee herbeizusc­haffen, sagt Winker. Nach der Wärme der vorherigen Tage hätten die Strecken schon traurig ausgesehen. „Der Schnee war geschmolze­n. Alles war braun und tief. Für die Athleten war es schwer, zu laufen.“

Mit dem Wetterumsc­hwung werde alles auf den Kopf gestellt. „In den nächsten Tagen können wir wieder bei Null anfangen“, meint Winker, der höchstens bei den späteren Rennen mal zuschauen kann. Aber auch dann heißt es: weiter testen, weiter wachsen. Zum Schluss müsse man die Ski dann auch wieder „auf Null bringen“, damit die Vorbereitu­ng je nach Wetterlage sofort beginnen kann. Am frühen Abend ist der Spaichinge­r dann meist in seinem Zimmer im olympische­n Dorf. „Ich gehe meist nur duschen“, sagt er. Abends zieht es ihn dann in das Alpenhaus, in dem Deutschlan­d, die Schweiz und Österreich gemeinsam ihre Medaillen feiern. Auch die Stimmung in den Stadien lobt Winker. Zwar wären die Wettkampfs­tätten beim Biathlon im Vergleich zu Deutschlan­d nicht vollbesetz­t. Die Koreaner würden aber auch die guten Leistungen anderer Sportler honorieren.

Ein Höhepunkt für den 21-Jährigen war die Eröffnungs­feier. „Da war die Stimmung echt gut“, sagt Winker. Jetzt nach der Hälfte der Paralympic­s kann er sich schon auf die Schlussfei­er freuen. Ein Sieger ist der Primstädte­r auch – wenigstens zu einem kleinen Teil.

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FOTO: PRIVAT Bei Temperatur­en von fast 20 Grad konnten es sich Christian Winker (rechts oben) und das deutsche Wachsteam am Strand in der Nähe von Pyeongchan­g auch einmal gut gehen lassen.
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FOTO: PRIVAT Welcher Ski ist der Richtige? Das Wachsteam mit Christian Winker (Zweiter von rechts) muss vor dem Wettkampf den optimalen Ski herrichten und auswählen. Bisher klappte das ganz gut.

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