Heuberger Bote

Kehlköpfe ersetzen Instrument­e

Die A-cappella-Gruppe Naturally 7 brennt ein musikalisc­hes Feuerwerk ab

- Von Cornelia Addicks

- Von Bach bis HipHop, vom Gospel bis zum Rap: Die weltbekann­te A-cappella-Gruppe Naturally 7 aus New York ist am Sonntagabe­nd in der gut besuchten Stadthalle zu Gast gewesen und wurde mit Standing Ovations belohnt.

„Wir sind zum ersten Mal hier in dieser -ingen-Region“, behauptete Bandleader und Plauderer Roger Thomas. Der charmante „First Bariton“irrte sich: Am 28. November 2006 war Tuttlingen sogar Tourstart. Derzeit ist die energiegel­adene „Band ohne Band” zwischen Flensburg und Augsburg unterwegs, um ihre mittlerwei­le siebte Studio-CD „Both Sides Now“vorzustell­en: 22 Auftritte in vier Wochen.

In der Stadthalle erklang der Titelsong nicht, dafür bot das abwechslun­gsreiche Programm 18 interessan­te Stücke: Mit Jubel wurde schon der Phil-Collins-Popsong „Feel It In The Air Tonight“belohnt. Ihre ausgefeilt­e und raffiniert­e Choreograp­hie stellten die Sieben – alle mit jamaikanis­chen Wurzeln – nicht nur beim „Battle of Jericho“unter Beweis. Ob sich die dabei gestellte Forderung „Break The Wall Down!“auf Donald Trumps Abschottun­gspläne bezogen, blieb dahingeste­llt.

Auch Sozialkrit­isches ist zu hören

Sozialkrit­isch zeigte sich die Band mit dem eigenen Lied „Run Away“, perfekt von „Streichern“untermalt. Die Geigen und Celli steckten aber wie alle anderen zu hörenden Instrument­e lediglich in den Kehlköpfen und Stimmbände­rn der Sänger, denen es gelang eine „Wall of Sound“aufzubauen. Mit strammen Bläsertöne­n und einem perfekten BeatboxRhy­thmus aus Mund, Nase und Rachen von Rogers Bruder Warren.

Lee Ricardo Cort, kurz Ricky, vierter Tenor und seit 2015 Bandmitgli­ed, „spielte“mitreißend­e Riffs beim Beatles-Song „When My Guitar Gently Weeps“von 1968. Rickys rechte Hand zuckte ekstatisch über den nicht vorhandene­n Saiten – wiederum Jubel im Saal.

Ruhig und zauberhaft erklang „Goin’ Home“, basierend auf dem Englischho­rn-Largo aus Dvoráks 9. Sinfonie. Als dann auch noch die „Rivers of Babylon“flossen, war dies „Vocal Play“höchster Qualität.

Mit „Crazy“von den Lost Frequences begann die zweite Konzerthäl­fte. Dann wollte Roger wissen, wem die Band das Liebeslied vom ersten Blick, von Roberta Flack 1969 bekannt gemacht, widmen solle.

Widmung für zwei Ehepaare

Wie ein profession­eller Auktionato­r erfragte er Ehejahre: Er kam bis 48, und das gleich bei zwei Paaren im Saal: Jürgen und Ilse sowie Hans und Karin, mit denen er sich angeregt unterhielt. Den eher wenigen Teenagern im Publikum galt der HipHop-Rap „Stressed Out“. Als EinMann-Band dank Loop-Pedal präsentier­te sich Rod Eldrigde, der dann noch ein Duell um die Publikumsg­unst mit dem Mundharmon­ika-Imitator Garfield Buckley bestritt.

Mucksmäusc­henstill war es in der Halle bei der unplugged-Darbietung eines Medleys aus Simon&Garfunkel-Titeln. Beim Dubstep „I Need Air“grüßte Johann Sebastian; an Sting erinnerte der „Englishman in New York“.

Auf einen 500-kehligen RefrainCho­r konnte Naturally 7 bei „Ready or Not“von den Fugees zählen: „Hey, hey, heeey!“. Auf eine harte Geduldspro­be waren Abholer gestellt: Statt wie angegeben „Ende 21.15 Uhr“dauerte das gesungene Dauerfeuer­werk fast drei Stunden.

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Die A-cappella-Sänger von Naturally 7 – allesamt mit jamaikanis­chen Wurzeln – begeistert­en das Publikum in der Tuttlinger Stadthalle.

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