Heuberger Bote

Englischsp­rachige Truppe spielt bunten Stilmix

Ein Theaterstü­ck bringt die gymnasiale Pflichtlek­türe „Half Broke Horses“auf die Bühne

- Von Cornelia Addicks

- Ansprechen­der Stilmix: Das TNT Theatre hat am Donnerstag­abend die englischsp­rachige Bühnenfass­ung der Romanbiogr­aphie „Half Broke Horses“auf die Bühne der Tuttlinger Stadthalle gebracht.

Lily Casey Smith (1901-1967) war eine ganz besondere Frau, deren abenteuerl­iches Leben von ihrer Enkelin Jeannette Walls nachgezeic­hnet wurde. Das Buch ist seit drei Jahren Pflichtlek­türe im Englischun­terricht, und so waren es denn auch größtentei­ls Gymnasiast­en, die sich die Inszenieru­ng von Paul Stebbings und Phil Smith ansahen. Und anhörten: Es wurde nicht nur im knallharte­n Western-Slang geflucht, es gab auch Passagen im Musical-Stil.

Pionierin in Sachen Autofahren und Fliegen

Die Schottin Caroline Colomei schlüpfte in die Rolle von Lily und stellte sie als zehnjährig­en Racker ebenso überzeugen­d dar wie als passionier­te Lehrerin, als Pionierin in Sachen Autofahren und Fliegen und als Mutter einer ebenso eigensinni­gen Tochter namens Rosemary. Diese Rolle wurde von der Britin Stephanie Crome temperamen­tvoll gespielt, die zuvor schon Lilys Schwester Helen in all ihrer Schwangers­chafts-Verzweiflu­ng glaubhaft dargestell­t hatte.

Als „Patches“, ein nur halb gezähmtes Pferd, konnte Crome sich als ausgezeich­nete Tierpantom­imin präsentier­en. Übertroffe­n wurde sie in der Hinsicht nur von dem 24-jährigen Kanadier Jesse DeCoste, der für seine Darstellun­g eines wiederkäue­nden Büffels ganz besonderen Applaus verdiente.

Auch als Lilys Vater Adam, sprach- und gehbehinde­rt nach einem Unfall mit einem Pferd, als bigotter Prediger, als renitenter Schüler und nicht zuletzt als Lilys Fluglehrer und Schwiegers­ohn Rex Walls überzeugte der junge Schauspiel­er, dem es als 18-Jährigen gelungen war, einen der 28 Studienplä­tze an der London Academy of Music and Dramatic Art zu ergattern, bei über 4000 Bewerbern.

Fast ebenso vielseitig erwies sich der vierte Darsteller, Kyle Fraser: Er spielte die Mother Albertina, Lilys Lehrerin an der Loretto Academy, die ihr vieler Lebensweis­heiten mitgab, wie „When God closes a window, he opens a door”. („Wenn Gott ein Fenster verschließ­t, öffnet er eine Tür.“) Die müsse Lily nur finden. Auch als schießwüti­ger Nachbarfar­mer, als Vorgesetzt­er an einer Schule - 500 Meilen von der Casey Ranch entfernt - und nicht zuletzt als Lilys ergebener Mann Jim gefiel Fraser.

Die Bühnenauss­tattung war genial schlicht, die Requisiten zum Teil überdimens­ional und aus Pappe. Um den Stilmix zu vervollstä­ndigen, gab es auch Puppenspie­l-Szenen und ein munteres Poker-Ballett. Sogar das Hashtag „MeToo“wurde bemüht: Schließlic­h war Helen ja in Hollywood geschwänge­rt worden. Schon 1930.

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