Der Finanzminister startet mit vollen Taschen
Olaf Scholz (SPD) tritt sein Amt in historisch guter Zeit an und verspricht, die schwarze Null zu halten
- Der neue Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versichert am Donnerstag in seiner Regierungserklärung, die schwarze Null zu halten und damit in die Fußstapfen von Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) treten zu wollen. Der verfolgt nun als Bundestagspräsident die Rede seines Nachfolgers. Scholz versichert, er habe schon überall in Europa gesagt: „Ein deutscher Finanzminister ist ein deutscher Finanzminister, egal welches Parteibuch er hat.“Sprich, Europa weiß, dass die Deutschen sparsam sind.
Die Voraussetzungen, die schwarze Null weiter zu halten, also keine neuen Schulden zu machen, sind allerdings auch sehr gut. Scholz startet mit vollen Taschen und spricht von einem „sehr, sehr großen Spielraum“von 46 Milliarden im Haushalt. Schwerpunkte sollen Investitionen in die Infrastruktur und für den sozialen Zusammenhalt werden. Und mehr Geld ist auch für Personal da. 209 neue Stellen gibt es bei der Regierung. Das berichtet allerdings nicht Olaf Scholz, sondern das kritsieren die Grünen. 41 neue Stellen hat Scholz im Finanzministerium geschaffen, 98 Stellen entstehen im Innenministerium, das Ressortleiter Horst Seehofer (CSU) um den Bereich „Heimat“erweitert.
Scholz hat einen klaren Schwerpunkt in der Europapolitik. Es gebe ein zentrales nationales Interesse, dass Europa funktioniere, so Scholz. Man müsse es zukunftsfest machen. Richtig sei der Weg zu einem europäischen Währungsfonds mit parlamentarischer Kontrolle.
Der AfD-Politiker Peter Boehringer sieht dagegen in Europa die größte Gefahr für den Haushalt. Noch mehr Europa sei unverantwortlich, der „Transfersozialismus mit deutschen Sparmillionen“müsse beendet werden, deutsche Spareinlagen dürften nicht in Haftung für Zombie-Banken genommen werden. Gegen die- sen Pessimismus wendet sich Ralph Brinkhaus, der CDU-Finanzexperte. Er findet es traurig, dass Europa immer nur noch unter dem Gesichtspunkt der Finanzfragen gesehen werde, statt als Friedens-, Sicherheitsund Wirtschaftsprojekt. „Wir sind bereit, in Europa zu investieren“, so Brinkhaus. Dabei erwarte er auch schmerzhafte Kompromisse.
Der FDP-Abgeordnete Christian Dürr hält die Entlastung beim Soli ab 2021 für viel zu spät. Und er beanstandet, dass Scholz den Investment-Banker Jörg Kukies von Goldmann-Sachs als Finanzstaatssekretär hole. Wenn dies die FDP gemacht hätte, wäre das nicht ohne Kritik abgegangen, so Dürr. Die Kritik trifft aber auch Scholz. Der Linke Fabio de Masi sagt, „da kommt jemand von den Heuschrecken“. Zuvor hat er in einem Interview Scholz vorgeworfen, einen Brandstifter zur Feuerwehr zu ma- chen. De Masi krisitiert den unbedingten Sparkurs. Die Schwarze Null dürfe nicht wichtiger sein als die Sanierung von Schulen oder die Einstellung von Lehrern, zitiert er den früheren SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Die grüne Finanzexpertin Anja Hajduk beanstandet, dass ein großer Teil der Entlastungen an die gehen, die es nicht so nötig haben. Sie rät, sich mehr auf die Kinder in Armut zu konzentrieren und mutiger dagegen vorzugehen. Und sie weist auf bevorstehende Auseinandersetzungen um Europa hin. Kommt nun der europäische Währungsfonds? Will man einen europäischen Wirtschafts- und Finanzminister? Das seien Fragen, die von den unionsregierten Ländern sehr viel anders beantwortet werden als von den anderen Ländern. Wenn hier nicht bald Klarheit geschaffen werde, könne Deutschland zum Bremser für Europa werden.