„Der Bürgermeister muss dafür glühen“
Beispiel Horb: So funktioniert ein langfristiges Entwicklungskonzept mit Bürgerbeteiligung
- Schon länger wünscht sich die Trossinger CDU unter dem Stichwort „Trossingen 2040“, dass die Stadt gemeinsam mit den Bürgern ein langfristiges Stadtentwicklungskonzept erarbeitet. Horb am Neckar ist über die Theorie schon hinaus: Oberbürgermeister Peter Rosenberger hat auf Einladung der CDU am Mittwochabend erzählt, wie das Konzept funktioniert.
„Wir leben in einer bürgerintensiven Zeit. Es geht nur mit den Bürgern, nicht dagegen“, begann Rosenberger seinen Vortrag in der gut besuchten „Germania“. Unter den Zuhörern waren Gemeinderäte aller Fraktionen, auch der Trossinger Hauptamtsleiter und Ortsvorsteher Schuras, Dieter Kohler, war gekommen.
Dreh- und Angelpunkt des - noch nicht fertigen - Horber „Masterplans 2050“ist die Bürgerbeteiligung: Die Einwohner formulieren die strategischen Ziele der Stadt gemeinsam mit Gemeinderat und Stadtverwaltung. Alle zwei bis drei Jahre werden diese dann - wieder gemeinsam - evaluiert. „Dabei entscheiden die Bürger aber nicht, sondern fungieren als Politikberatung. Die Entscheidung liegt immer beim Gemeinderat.“
Einfach aus dem Ärmel geschüttelt haben sich die Horber das Entwicklungskonzept nicht: Tausende Arbeitsstunden und jahrelange Vorbereitung stecken dahinter, und nicht jeder war sofort Feuer und Flamme. „Meine Verwaltung hätte wohl nicht mitgemacht, wenn ich nicht vorangegangen wäre“, sagte Rosenberger. „Der Bürgermeister muss dafür glühen.“
Konzept ist Selbstverpflichtung
Die 25 000-Einwohner-Stadt Horb hat 17 Ortsteile. In jedem einzelnen gab es innerhalb von drei Wochen eine Stadtkonferenz. Unter den Oberzielen Klimaneutrale Kommune 2050, attraktive Stadt und Generationengerechtigkeit bearbeiteten die Bürger Themenfelder wie beispielsweise „Älter werden“oder Mobilität“, insgesamt beteiligten sich rund tausend Bürger, schätzt Rosenberger. „20 Prozent der Teilnehmer waren noch nie bei einer solchen Veranstaltung und haben sich toll eingebracht“, so der Oberbürgermeister. „Es ist ein Unterschied, ob Lobbyisten, Stadträte oder der ,gesichtslose Bürger’ diskutieren.“
Wolfgang Schoch (CDU) interessierte sich vor allem dafür, ob sich auch die jüngere Generation an der Zukunftsgestaltung beteiligt habe. „Die Jugendgemeinderäte waren dabei“, berichtete Rosenberger. Darüber hinaus hätten aber nicht so viele Jugendliche teilgenommen, wie er sich erhofft hatte: „Es waren viele ältere Bürger dabei.“Das Älter werden überhaupt sei ein großes Thema in der Stadt: „Viele haben Angst davor, nicht mehr am Gemeindeleben teilhaben zu können, das wurde uns ganz deutlich vor Augen geführt.“Generell stelle er fest, dass die Bereischaft, sich langfristig einzubringen, sinke, aber die Bereitschaft, sich an Projekten zu beteiligen, steige.
Hilmar Fleischer (FDP) wollte wissen, ob sich die Bürgervorschläge auch im Haushalt widerspiegeln. „Wir haben einen Maßnahmenkatalog mit Projekten, da geht es auch um Investitionen“, so Rosenberger. Die Verwaltung müsse abwägen, aber es sei wichtig, Bürgerideen ins Konzept zu bekommen - nicht zuletzt, weil die Stadt mit der Bürgerbeteiligung eine Selbstverpflichtung eingangen ist: Setzt sie keine der Ideen in den kommenden drei Jahren um, verliert der „Masterplan 2050“an Glaubwürdigkeit.
Ob Horb dadurch mehr Zuhörer im Gemeinderat hätte, fragte Jürgen Vosseler (CDU). Rosenberger verneinte das: „Die Bürger wollen die Möglichkeit, sich zu beteiligen, wenn sie Lust haben“, stellte er fest. Die Stadt müsse dafür andere Formate entdecken, als den abendlichen Gemeinderat.
„Beeindruckend“fand Susanne Reinhardt-Klotz (Offene Grüne Liste) das Horber Konzept, bezweifelte aber, dass die Stadt zusätzliche Projekte ohne Verschuldung stemmen könne. „Unsere Bürger waren bereit, Prioritäten zu setzen, da war schnell klar, was wirklich wichtig ist“, sagte Rosenberger. „Und das ist viel weniger, als wir dachten.“Es gebe immer Möglichkeiten, auf andere Projekte zu verzichten: „Man darf keine Angst vor der Diskussion haben.“