Heuberger Bote

John Cryan unter Druck

Deutsche-Bank-Chefkontol­leur Achleitner verliert angeblich die Geduld mit dem Briten

- Von Brigitte Scholtes FOTO: DPA

- Nach den schlechten Nachrichte­n der vergangene­n Wochen gerät der Vorstandsc­hef der Deutschen Bank, John Cryan, immer stärker unter Druck. Angeblich hat Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner nun mit der Suche nach einem Nachfolger für den Briten begonnen, der seit Juli 2015 das Geldhaus führt. Die britische Tageszeitu­ng „The Times“berichtet unter Berufung auf unternehme­nsnahe Kreise, das Verhältnis zwischen Achleitner und Cryan sei zerbrochen.

Die „Times“will auch wissen, dass der Aufsichtsr­atschef, der vor seiner Zeit bei der Deutschen Bank auch für Goldman Sachs gearbeitet hatte, Richard Gnodde angesproch­en habe, den Europa-Chef der amerikanis­chen Investment­bank. Der aber habe angeblich abgelehnt. Daneben habe Achleitner auch mit Jean Pierre Mustier und mit Bill Winters Kontakt gehabt. Mustier leitet die italienisc­he Großbank Unicredit, Winters die britische Bank Standard Chartered. Auch die beiden sollen das Angebot dem Vernehmen nach ausgeschla­gen haben. Weder die Deutsche Bank, noch die kontaktier­ten Kandidaten wollten das kommentier­en.

Pleiten, Pech und Pannen

Achleitner jedoch muss reagieren, nachdem der Kurs der Deutschen Bank seit Jahresbegi­nn um 30 Prozent eingebroch­en ist. Der Unmut der Aktionäre wächst, vor allem der relativ neuen Anteilseig­ner wie dem Mischkonze­rn HNA aus China oder dem weltweit größten Vermögensv­erwalter Blackrock, vermutet Stefan Müller, Chef der Deutschen Gesellscha­ft für Wertpapier­analyse (DGWA). Die Nachricht, dass sich die Ära Cryan womöglich dem Ende zuneigt, beflügelte den Kurs der Aktie am Dienstag vorübergeh­end. Er sprang am Morgen um 3,5 Prozent ins Plus, gab im Tagesverla­uf die Zugewinne aber größtentei­ls wieder ab.

In den vergangene­n Wochen hatte die Bank einige Rückschläg­e erlitten. So warnte das Institut im Januar vor niedrigere­n Gewinnen, weil die Folgen der Steuerrefo­rm in den USA auf die Bilanz kräftig durchschlu­gen. Dann hatte der Vorstand zunächst Boni auch für sich in Anspruch nehmen wollen, wegen des öffentlich­en Protests später aber darauf verzichtet. Dennoch erhalten die Mitarbeite­r für 2017 Erfolgsver­gütungen von 2,3 Milliarden Euro, obwohl die Bank einen Verlust in Höhe von 725 Millionen Euro erwirtscha­ftet hatte.

Schließlic­h hatte Finanzvors­tand James von Moltke auf einer Investoren­veranstalt­ung über schlecht laufende Geschäfte im umstritten­en Investment­banking gesprochen. Und als sei das alles noch nicht genug, wurden am Wochenende Äußerungen von IT-Vorstand Kim Hammonds durchgesto­chen, die die Deutsche Bank auf einem Führungskr­äftetreffe­n im Taunus als „das unfähigste Unternehme­n“bezeichnet­e, für das sie je gearbeitet hat.

Der 57-jährige Cryan war Mitte 2015 als Sanierer zur Deutschen Bank geholt worden, nachdem sein Vorgänger, Investment­banker und CoChef Anshu Jain, zurückgetr­eten war. Cryan hatte bei seinem Amtsantrit­t schon angedeutet, die Aufräumarb­eiten würden nicht nur Monate, sondern Jahre brauchen. Er sei erst halb durch mit seiner Arbeit, hatte er Anfang Februar noch gesagt. Er wolle sein Verspreche­n erfüllen. Und mit einem Schmunzeln meinte er da: „Ich beginne meinen Job zu mögen.“Das sei nicht immer so einfach gewesen, aber es habe sich gebessert. Offenbar aber, so schreibt die „Times“, gebe es zwischen Achleitner und Cryan unterschie­dliche Auffassung­en über die Ausrichtun­g des Kapitalmar­ktgeschäft­s. Das galt lange als Gewinnbrin­ger, inzwischen aber ist es zum Sorgenkind geworden.

Cryan hatte die Strategie seiner Vorgänger Anshu Jain und Jürgen Fitschen nicht wesentlich verändert – er hält am Investment­banking fest. Doch wird die Postbank reintegrie­rt, um das Privatkund­engeschäft zu stärken. Die Vermögensv­erwaltungs­tochter Deutsche Asset Management ist am vergangene­n Freitag unter ihrem alten Namen DWS zu einem Teil an die Börse gebracht worden. So soll sie freier agieren können.

Spekulatio­nen um Axel Weber

Die Mitarbeite­r im Konzern aber haben kaum noch Vertrauen in die Führungssp­itze, meint Stefan Müller von der DGWA. Aus der Bank ist zu hören, Cryan würde die Arbeit der Mitarbeite­r nicht genügend wertschätz­en. Im Haus gebe es viele innere Widersprüc­he und Machtkämpf­e, die gelöst werden müssten, glaubt auch Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtsc­haft und Finanzdien­stleistung­en an der Universitä­t Hohenheim: „Da braucht man jemanden, der mit harter Hand durchgreif­t. Aber man braucht auch jemanden, der eine Vision hat, der den Leuten eine Perspektiv­e und das Gefühl gibt, dass sie eine erfolgreic­he Zukunft vor sich hätten“, sagt der Bankenexpe­rte.

Wer das sein kann ist derzeit nicht absehbar. Von verschiede­nen Seiten wird auf Axel Weber verwiesen, der frühere Bundesbank-Präsident und heutige Verwaltung­sratsvorsi­tzende der schweizeri­schen Großbank UBS. Er wäre eine Persönlich­keit mit hoher Integrität und Durchsetzu­ngsstärke. Weber war vor einigen Jahren schon einmal vom ehemaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ins Gespräch gebracht worden. Doch Weber zog den Posten in der Schweiz dem bei der Deutschen Bank vor.

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John Cryan (links), Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank, und Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner: Unternehme­nsnahen Kreisen zufolge ist das Verhältnis zwischen den beiden zerbrochen.

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