Der „Alterspräsident der Kameramänner“
Rolf K. Krause dreht in mehreren europäischen Ländern Naturfilme fürs Fernsehen
- Er ist in einem Alter, in dem andere ihren Ruhestand genießen und die Beine hochlegen. Rolf K. Krause nicht: Mit seinen 77 Jahren ist er weiterhin in Deutschland und anderen Ländern unterwegs, um Natur- und Dokumentarfilme zu drehen. Auch im Raum Spaichingen dreht er. Seit knapp 30 Jahren lebt Krause in Hausen ob Verena.
Die Aufnahmen, die Krause macht, sind allererster Güte: Unglaublich, was er zum Beispiel mittels Naheinstellungen und Zeitlupen aus einem eigentlich profanen Motiv wie Enten am Schaffhausener Wasserfall gemacht hat. Vögel sind sein bevorzugtes Sujet. Ihnen widmet der Kameramann unendlich viel Zeit: Etwa für den Streifen „Staren-Liebe am Ammersee“. „Drei Jahre habe ich gesucht, bis ich einen Star filmen konnte, der dem Weibchen in der Balz eine Blume im Schnabel bringt.“Im tschechisch-polnischen Grenzgebiet konnte Krause 2008 endlich dieses ungewöhnliche Liebesspiel ablichten. „Man braucht viel Geduld – und Glück.“
Genau wie bei den Aufnahmen, die er von Blaukehlchen in Spanien machte. „Die sind eigentlich unfilmbar, man sieht sie kaum“, erzählt er. „10 000 Kilometer bin ich durch Europa gefahren, um sie zu finden.“
Dass seine Filme überhaupt bei Arte, in der ARD oder beim Bayrischen Rundfunk zu sehen sind, war ihm nicht unbedingt in die Wiege gelegt – denn Krause ist ein Spätberufener, erst im Ruhestand legte er richtig los. 1940 wurde er in Thüringen geboren, machte in der DDR eine Ausbildung zum Rundfunk- und Fernsehtechniker, studierte später Elektronikingenieur. Mit dem Filmen angefangen hatte er bereits in der Jugendzeit; „fürs Ostfernsehen habe ich später zwei Naturschutzfilme und einen Unterwasserfilm gedreht“. Nachdem er dutzende Ausreiseanträge gestellt und einige Monate in Haft gesessen hatte, wurde Krause 1978 aus der DDR ausgewiesen. In Tettnang arbeitete er als Entwicklungsleiter von Sensoren und Lichtschranken, 1990 zog er nach Hausen o. V., weil er in der Region eine neue Anstellung antrat.
Seine Leidenschaft, die lange brach lag, erwachte erst im Rentenalter zu voller Blüte. „Ich habe mir ein Wohnmobil und eine hochwertige Kameraausstattung gekauft.“Bei seiner letzten Dienstreise nach Spanien habe er zum ersten Mal in seinem Leben einen Wiedehopf gesehen. Deshalb habe seine erste Fahrt ihn dorthin geführt, zwischen 2000 und 2012 sei er regelmäßig in Spanien gewesen.
Dass seine Liebhaberei professionelle Züge annahm, verdankt der Hausener einem Zufall: „2003 habe ich an einem Geierfelsen in der Extremadura gefilmt, als mich ein Mann ansprach.“Der stellte sich als Jens-Uwe Heins heraus, freischaffender Naturfilmautor und -regisseur. „Er suchte einen Kameramann mit eigener Ausrüstung und wurde mein Mentor.“Heins habe jemanden gesucht, „der ihm schwierige Sachen abnimmt“– siehe Blaukehlchen und Stare. Mit ihm zusammen drehte Krause „Spaniens wilde Extremadura“.
In den folgenden Jahren entstand eine ganze Reihe an Produktionen für TV-Sender wie Arte und den Bayrischen Rundfunk – so etwa 2010 in den Niederlanden und Dänemark eine Dokumentation über Großsäuger. Seit 2011 verwendet Krause eine hochwertige HD-Kamera. 2011 bis 2013 lichtete er für die TV-Reihe „Das wilde Deutschland“am Bodensee „alles, was Federn hat“, ab.
„Anspruchsvolle Aufgaben“
Finanziell lohnt sich der zeitliche Aufwand für den 77-Jährigen nur bedingt: „Hochgerechnet sind viele Ein-Euro-Tage dabei – die Gage reicht fürs Benzin und Cappuccino.“Aber ums Geld ginge es ihm nicht: „Sondern darum, in der Branche ein gefragter Mann zu sein und hochkarätige, anspruchsvolle Aufgaben zu haben – und außerdem sind wir an den schönsten Stellen des Erdballs.“
Zu denen zählt offenbar auch Hausen und Umgebung: 2014/15 hatte der Naturfilmer die Idee zu seinem Werk „Die Landschaft der Ostbaar – Impressionen zwischen Hohenkarpfen und Heuberg, Zundelberg und Wurmlinger Berg“, das die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt dort zeigt, etwa mit Flugaufnahmen von Greifvögeln. „Es sollte eine Bestandsaufnahme sein für den Fall, dass der Zundelberg abgeholzt wird für Windkraftanlagen – ich wollte zeigen, was verloren gehen würde“, sagt Krause. Zum 30-jährigen Bestehen der Kunststiftung Hohenkarpfen wurde der Film uraufgeführt.
In diesem Jahr wird der Hausener mit Heins fürs Fernsehen einen Film „über Feldhasen in ganz Deutschland“drehen. „Alle anderen haben die Finger davon gelassen, weil es eine technische Herausforderung ist.“Feldhasen seien Nachttiere. „Die kriegt man nur in der Stunde nach Sonnenaufgang, und man kommt nicht näher als 200 Meter ran, weil sie sofort weglaufen.“Kein einfaches Unterfangen für den „Alterspräsident der Kameramänner“, wie sich Rolf K. Krause selbst betitelt.
Für dieses Projekt will er sich eine Kameradrohne zulegen – die auch beim folgenden Vorhaben zum Einsatz kommen soll: einer Dokumentation über Sakralbauten, unter anderem in Seitingen-Oberflacht mit der Kirche Mariä Himmelfahrt und der Wallfahrtskapelle St. Eustasius, in denen Franz Josef Hermann einst prachtvolle Fresken geschaffen hatte. „Es wird mehr ein Künstlerporträt“, sagt Krause. „Ich will Hermann damit ein Denkmal setzen.“