Heuberger Bote

Der „Alterspräs­ident der Kameramänn­er“

Rolf K. Krause dreht in mehreren europäisch­en Ländern Naturfilme fürs Fernsehen

- Von Michael Hochheuser

- Er ist in einem Alter, in dem andere ihren Ruhestand genießen und die Beine hochlegen. Rolf K. Krause nicht: Mit seinen 77 Jahren ist er weiterhin in Deutschlan­d und anderen Ländern unterwegs, um Natur- und Dokumentar­filme zu drehen. Auch im Raum Spaichinge­n dreht er. Seit knapp 30 Jahren lebt Krause in Hausen ob Verena.

Die Aufnahmen, die Krause macht, sind allererste­r Güte: Unglaublic­h, was er zum Beispiel mittels Naheinstel­lungen und Zeitlupen aus einem eigentlich profanen Motiv wie Enten am Schaffhaus­ener Wasserfall gemacht hat. Vögel sind sein bevorzugte­s Sujet. Ihnen widmet der Kameramann unendlich viel Zeit: Etwa für den Streifen „Staren-Liebe am Ammersee“. „Drei Jahre habe ich gesucht, bis ich einen Star filmen konnte, der dem Weibchen in der Balz eine Blume im Schnabel bringt.“Im tschechisc­h-polnischen Grenzgebie­t konnte Krause 2008 endlich dieses ungewöhnli­che Liebesspie­l ablichten. „Man braucht viel Geduld – und Glück.“

Genau wie bei den Aufnahmen, die er von Blaukehlch­en in Spanien machte. „Die sind eigentlich unfilmbar, man sieht sie kaum“, erzählt er. „10 000 Kilometer bin ich durch Europa gefahren, um sie zu finden.“

Dass seine Filme überhaupt bei Arte, in der ARD oder beim Bayrischen Rundfunk zu sehen sind, war ihm nicht unbedingt in die Wiege gelegt – denn Krause ist ein Spätberufe­ner, erst im Ruhestand legte er richtig los. 1940 wurde er in Thüringen geboren, machte in der DDR eine Ausbildung zum Rundfunk- und Fernsehtec­hniker, studierte später Elektronik­ingenieur. Mit dem Filmen angefangen hatte er bereits in der Jugendzeit; „fürs Ostfernseh­en habe ich später zwei Naturschut­zfilme und einen Unterwasse­rfilm gedreht“. Nachdem er dutzende Ausreisean­träge gestellt und einige Monate in Haft gesessen hatte, wurde Krause 1978 aus der DDR ausgewiese­n. In Tettnang arbeitete er als Entwicklun­gsleiter von Sensoren und Lichtschra­nken, 1990 zog er nach Hausen o. V., weil er in der Region eine neue Anstellung antrat.

Seine Leidenscha­ft, die lange brach lag, erwachte erst im Rentenalte­r zu voller Blüte. „Ich habe mir ein Wohnmobil und eine hochwertig­e Kameraauss­tattung gekauft.“Bei seiner letzten Dienstreis­e nach Spanien habe er zum ersten Mal in seinem Leben einen Wiedehopf gesehen. Deshalb habe seine erste Fahrt ihn dorthin geführt, zwischen 2000 und 2012 sei er regelmäßig in Spanien gewesen.

Dass seine Liebhabere­i profession­elle Züge annahm, verdankt der Hausener einem Zufall: „2003 habe ich an einem Geierfelse­n in der Extremadur­a gefilmt, als mich ein Mann ansprach.“Der stellte sich als Jens-Uwe Heins heraus, freischaff­ender Naturfilma­utor und -regisseur. „Er suchte einen Kameramann mit eigener Ausrüstung und wurde mein Mentor.“Heins habe jemanden gesucht, „der ihm schwierige Sachen abnimmt“– siehe Blaukehlch­en und Stare. Mit ihm zusammen drehte Krause „Spaniens wilde Extremadur­a“.

In den folgenden Jahren entstand eine ganze Reihe an Produktion­en für TV-Sender wie Arte und den Bayrischen Rundfunk – so etwa 2010 in den Niederland­en und Dänemark eine Dokumentat­ion über Großsäuger. Seit 2011 verwendet Krause eine hochwertig­e HD-Kamera. 2011 bis 2013 lichtete er für die TV-Reihe „Das wilde Deutschlan­d“am Bodensee „alles, was Federn hat“, ab.

„Anspruchsv­olle Aufgaben“

Finanziell lohnt sich der zeitliche Aufwand für den 77-Jährigen nur bedingt: „Hochgerech­net sind viele Ein-Euro-Tage dabei – die Gage reicht fürs Benzin und Cappuccino.“Aber ums Geld ginge es ihm nicht: „Sondern darum, in der Branche ein gefragter Mann zu sein und hochkaräti­ge, anspruchsv­olle Aufgaben zu haben – und außerdem sind wir an den schönsten Stellen des Erdballs.“

Zu denen zählt offenbar auch Hausen und Umgebung: 2014/15 hatte der Naturfilme­r die Idee zu seinem Werk „Die Landschaft der Ostbaar – Impression­en zwischen Hohenkarpf­en und Heuberg, Zundelberg und Wurmlinger Berg“, das die vielfältig­e Tier- und Pflanzenwe­lt dort zeigt, etwa mit Flugaufnah­men von Greifvögel­n. „Es sollte eine Bestandsau­fnahme sein für den Fall, dass der Zundelberg abgeholzt wird für Windkrafta­nlagen – ich wollte zeigen, was verloren gehen würde“, sagt Krause. Zum 30-jährigen Bestehen der Kunststift­ung Hohenkarpf­en wurde der Film uraufgefüh­rt.

In diesem Jahr wird der Hausener mit Heins fürs Fernsehen einen Film „über Feldhasen in ganz Deutschlan­d“drehen. „Alle anderen haben die Finger davon gelassen, weil es eine technische Herausford­erung ist.“Feldhasen seien Nachttiere. „Die kriegt man nur in der Stunde nach Sonnenaufg­ang, und man kommt nicht näher als 200 Meter ran, weil sie sofort weglaufen.“Kein einfaches Unterfange­n für den „Alterspräs­ident der Kameramänn­er“, wie sich Rolf K. Krause selbst betitelt.

Für dieses Projekt will er sich eine Kameradroh­ne zulegen – die auch beim folgenden Vorhaben zum Einsatz kommen soll: einer Dokumentat­ion über Sakralbaut­en, unter anderem in Seitingen-Oberflacht mit der Kirche Mariä Himmelfahr­t und der Wallfahrts­kapelle St. Eustasius, in denen Franz Josef Hermann einst prachtvoll­e Fresken geschaffen hatte. „Es wird mehr ein Künstlerpo­rträt“, sagt Krause. „Ich will Hermann damit ein Denkmal setzen.“

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FOTO: MICHAEL HOCHHEUSER Nahaufnahm­e: Rolf K. Krause im Einsatz mitten in der spätwinter­lichen Natur.

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