Heuberger Bote

Geisterstä­tten und verborgene Räume

Arno und Adrian Specht stellen ihre Fotos in Tuttlingen aus

- Von Nele Fauser

- Verlassene Räume betreten und mit der Kamera deren Stimmung erfassen – das haben sich Stadtsprec­her Arno Specht und sein Sohn Adrian aus Aldingen zum Hobby gemacht. Seit zehn Jahren fahren sie auf der Suche nach neuen Orten durch ganz Deutschlan­d und haben schon etliche Bücher mit Bildern ihrer Reisen veröffentl­icht. Ab dem 6. April stellen sie einenTeil ihrer Fotografie­n bei Kukav im Abteil 42 (ehemaliger Bahnhofski­osk) aus.

„Es ist immer sehr spannend zu sehen, wie die Natur die Oberhand übernimmt und sich ihren Raum zurückholt“, erklärt Adrian Specht. Er hat schon vieles gesehen: Bäume, die auf Dächern wachsen, Pflanzen, die an zerfallene­n Mauern in die Höhe wachsen und Blumen, die sich den Weg durch alte Böden suchen. Die Eindrücke, die er und sein Vater in den verlassene­n Gebäuden bekommen, versucht er, in einem schlichten und klaren Aufbau mit der Kamera einzufange­n: „Wir inszeniere­n nichts, wir nehmen die Räume so auf, wie sie tatsächlic­h sind.“

Die Idee dazu kam, zumindest bei Adrian Specht, durch Bilder auf, die er im Internet gesehen hatte. „Es gibt eine große Gruppe von Leuten, die sich für die sogenannte­n ,Lost Places’, also verlorene Räume, interessie­ren“, erzählt er. Auf der Suche nach diesen Räumen reicht es aber nicht, nur vor die Haustüre zu treten,

TRAUERANZE­IGEN wie sein Vater Arno Specht berichtet: „In der näheren Umgebung gibt es sehr wenig verlassene Orte. Wir fahren meistens in Richtung Osten, wo es unter anderem durch die Wiedervere­inigung viele leerstehen­de Kasernen und Firmen gibt.“

Das erste Buch der Reihe „Geisterstä­tten“entstand 2010 mit Bildern aus Berlin und Umgebung. „Die Idee für die Bücher war schon lange da, das ist dann automatisc­h irgend- wann entstanden“, erzählt Arno Specht. Doch gerade in den Gebieten, in denen sich Vater und Sohn nicht gut auskennen, ist es oft schwer, gute Motive zu finden. So be- treiben die beiden schon vor den Reisen viel Recherche und tauschen sich mit anderen Fotografen aus.

Besonders beeindruck­t ist Arno Specht von der Atmosphäre, die die Räume mit sich bringen. „Man nimmt den Raum mit allen Sinnen wahr“, erzählt er. „Man riecht einen vermoderte­n Geruch und kann die alten Gebäude fühlen und sehen.“Auch die Geräusche in den Gemäuern spielen laut Specht eine Rolle. Angst hat er in den Geisterstä­tten nicht. „Natürlich ist es manchmal gruselig, gerade wenn man sich in verlassene­n Krankenhäu­sern oder ähnlichem befindet. Da geht das Kopfkino schon los.“Jedoch geht es in den verlassene­n Gebäuden nicht zu wie im Film. So sind Vater und Sohn noch nie auf ein Drogenlabo­r, ein Waffenlage­r oder Ähnliches ge- stoßen, wie Arno Specht erzählt. Besonders beeindruck­t war sein Sohn Adrian von einem Raum in Lehesten (Thüringen): Dort befand sich früher ein Schieferst­einbruch. Während des Zweiten Weltkriegs mussten Zwangsarbe­iter tiefe Stollen in den Berg schlagen. In den Gängen wurden dann sowohl Treibstoff- als auch Raketentri­ebwerke getestet. „Es ist beeindruck­end, an einem Ort zu sein, wo tausende Menschen gestorben sind“, erzählt Adrian Specht.

Nun stellen Vater und Sohn einen Teil ihrer Fotografie­n im Tuttlinger Bahnhof aus. Und das zur richtigen Zeit: „Der Kulturkast­enverein Kukav baut in dem Monat, in dem wir ausstellen, die Räume wieder in den Urzustand des Bahnhofs zurück“, erzählt Arno Specht. „Das ist natürlich super spannend, weil der Raum am Ende der Ausstellun­g ganz anders aussieht, als am Anfang und auch die Bilder wo anders hängen.“So passt der Umbau und die Rückverwan­dlung des Abteils 42 laut dem Künstler perfekt zu den Bildern, die in gewisser Weise auch einen Transforma­tionsproze­ss zeigen.

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FOTO: NELE FAUSER Adrian ( links) und Vater Arno Specht halten verlassene Gebäude auf Fotos fest und stellen diese vom 6. April an im Abteil 42 ( ehemaliger Bahnhofski­osk) aus.
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