Sorgen im Südwesten
Der amerikanisch-chinesische Handelsstreit bedroht die Wirtschaft in Baden-Württemberg
- Der Handelsstreit zwischen den USA und China spitzt sich weiter zu und droht auch die Europäische Union, Deutschland und die Wirtschaft im Südwesten tiefer in den Konflikt hineinzuziehen. Nach der Androhung weiterer Strafzölle durch US-Präsident Donald Trump reagierte China am Freitag mit einer Kampfansage an die US-Seite und rief zugleich die Europäische Union zum „gemeinsamen Handeln“auf.
Die Ankündigung Trumps, weitere Strafzölle prüfen zu lassen, konterte das Handelsministerium in Peking am Freitag damit, dass China „um jeden Preis“bis zum Ende gehen werde. „Wir wollen keinen Handelskrieg, aber wir haben keine Angst, ihn auszufechten“, erklärte das Ministerium. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt hatten sich zuvor gegenseitig mit der Ankündigung von umfangreichen Strafzöllen überzogen. Nachdem China am Mittwoch als Antwort auf von Washington zuvor angekündigte massive Strafzölle mit hohen Abgaben auf Sojabohnen, kleinere Flugzeuge und Autos geantwortet hatte, legte Trump am Donnerstag mit Zöllen auf Waren im Wert von 81,6 Milliarden Euro nach.
Mit großer Sorge blickt die Wirtschaft im Süden von Deutschland auf die immer neuen Vorwürfe und Drohungen. „Wenn es Erosionen zwischen so bedeutenden Handelspartnern gibt, sorgt das natürlich immer für Unsicherheiten und Zukunftssorgen“, sagt Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK), der „Schwäbischen Zeitung“. Für Grenke sind die USA der „mit Abstand Top-Handelspartner der Südwestwirtschaft“. Gleichzeitig werde der chinesische Markt im Hinblick auf Handelsbeziehungen und Investitionsneigungen immer wichtiger. „Mit den USA und China verbindet die baden-württembergische Wirtschaft viele Tausend Handelsknotenpunkte wie Joint Ventures und Niederlassungen“, erklärt Grenke. Damit hingen auch Angestellte, die die Unternehmen aus BadenWürttemberg und Bayern in den USA oder China beschäftigen, von den Entwicklungen im Handelsstreit ab. Zudem sei vollkommen unklar, was der Eingriff in den freien Handel für Auswirkungen habe für die ausländischen Investitionen der badenwürttembergischen Unternehmen.
Bedrohte Schwerpunktindustrie
Trotz des immer rauer werdenden Tones zwischen China und den USA verweist BWIHK-Chef Grenke auch darauf, dass es sich bislang nur um eine Summe von Androhungen handle. Sollten aus den Aussagen der beiden Regierungen aber konkrete Taten werden und die angekündigten Strafzölle in Kraft gesetzt werden, würden die Auswirkungen im Süden Deutschlands schnell zu spüren sein. „Dies betrifft sicherlich unsere Schwerpunktindustrie mit Produktionsstandorten in den USA und China“, erklärt Grenke. Als Beispiel für besonders betroffene Branchen führt er die Automobil- und die Chemieindustrie sowie den Maschinenbau an. Vor allem die Autobauer seien als „Aushängeschild des Südwestens“ein sensibles Thema. „Beide Länder sind für unsere Hersteller absolute Premiummärkte und tragen wesentlich zur Handelsbilanz bei“, erläutert Grenke.
Konkret seien durch den Handelsstreit aber nicht nur Waren- und Geldströme bedroht, sondern auch die Zukunftsplanung und Entwicklung der baden-württembergischen Unternehmen. „Große Investitionen – dazu zählen ja gerade auch Produktionsstätten im Ausland – werden über Jahre im Voraus geplant und folgen langfristigen, strategischen Entscheidungen, die auf sichere Rahmenbedingungen angewiesen sind“, sagt Grenke. Je weiter sich der Konflikt vertiefe, desto mehr Fragezeichen gäbe es.
Appell an die Europäische Union
Was die direkten Strafzölle der USA betreffe, die für die EU vorerst ausgesetzt wurden, appelliert Grenke an Brüssel, „mit Stärke und Fingerspitzengefühl eine langfristige Lösung zu erreichen“.
Einen Schritt weiter geht Chinas EU-Botschafter Zhang Ming. China und die EU seien dafür verantwortlich, dass die „multilaterale Handelsordnung respektiert“werde, erklärte Zhang am Freitag. Beide Seiten müssten daher eine „klare Haltung“gegen Protektionismus einnehmen.