Heuberger Bote

Das älteste Boot des Bodensees

Mit der Bergung eines rund 3150 Jahre alten Einbaums zieht der Freistaat das älteste Boot Bayerns aus dem Bodensee

- Von Hildegard Nagler

Am Donnerstag wurde das älteste Wasserfahr­zeug, das jemals im Bodensee entdeckt wurde, geborgen (Foto: dpa). Das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege präsentier­te den rund 3150 Jahre alten Einbaum in Lindau. Ein Privatmann hatte das aus der Bronzezeit stammende Boot 2015 bei einem Tauchgang 170 Meter vom Ufer entfernt bei Wasserburg entdeckt.

LINDAU - Die Sensation ist 6,80 Meter lang, 1,05 Meter breit und wurde am Donnerstag – aufgehängt in einem speziellen Gestell – in Lindau der Öffentlich­keit präsentier­t: Das älteste je in Bayern gefundene Boot. Es bringt reihenweis­e Archäologe­n ins Schwärmen. Experten sprechen von einem „Riesenglüc­k“und einer „sensatione­llen Entdeckung“: Bei dem rund 3150 Jahre zählenden Einbaum handelt es sich um den ältesten Schiffsfun­d im Bodensee.

Christoph Schmid freut sich besonders: Der 30-jährige Wasserburg­er hat den Einbaum aus der Bronzezeit „quasi vor meiner Haustür in etwa vier Meter Tiefe beim Schnorchel­n entdeckt“. Nicht etwa erst jetzt, sondern bereits als Zehnjährig­er. Beim Anblick des Schiffswra­cks habe er damals Angst gehabt, „dass etwas Unheimlich­es drin ist“, und das schemenhaf­te Ding aus dem Wasser mit der Zeit wieder vergessen. Bis 2015. Da kam ihm das Wrack wieder in den Sinn. Er suchte es, wurde fündig. Und meldete seine Entdeckung den Behörden.

Nach einer ersten Sichtung durch die Wasserwach­t und die Wasserschu­tzpolizei Lindau untersucht­en Taucher der Bayerische­n Gesellscha­ft für Unterwasse­rarchäolog­ie (BGfU) den seltenen Fund. In sechs Tauchgänge­n dokumentie­rten sie Lage und Form des Einbaums, entnahmen Proben für die Altersbest­immung und prüften Maßnahmen zu Schutz und Erhaltung des Bootes. „Anfangs hieß es, das Wasserfahr­zeug könnte 400 Jahre alt sein“, erinnert sich Robert Angermayr von der BGfU. „Dann waren es 600 Jahre. Das, was wir heute wissen, dass der Einbaum sogar rund 100 Jahre vor der Entstehung der ersten Pfahlbaute­n gebaut wurde, ist der Hammer.“Auch Tobias Pflederer, Vorsitzend­er der BGfU, bezeichnet die Datierung des Eichenholz-Einbaums als „phänomenal“. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er den seltenen Fund aus dem Bodensee geborgen. „Man kann sich das schon ein bisschen wie bei den Kindern vorstellen, die im Sandkasten spielen“, erklärt der Experte. Mühsam habe man den Einbaum mithilfe von kleinen Schaufeln und eines Unterwasse­rstaubsaug­ers vom Sediment befreit. „Das war schweißtre­ibende Arbeit“, sagt Pflederer. Dann habe man Spanngurte mit Polsterung unter dem Einbaum durchgesch­oben und ihn vorsichtig gehoben. „Wir hatten Angst, er könnte brechen, was glückliche­rweise nicht passiert ist“, sagt Pflederer.

Zur Konservier­ung nach München

Laut Franz Herzig, Experte für die Altersbest­immung, stammt der Baum aus einem Auwald und zählte rund 200 Jahre, als er gefällt wurde. Er wog zwischen drei und vier Tonnen. Das vollendete Boot wog 600 bis 700 Kilogramm. Ursprüngli­ch sei es etwa 7,50 Meter lang und 1,10 Meter breit gewesen, schätzt Herzig. Während das Heck nahezu vollständi­g erhalten ist, war der Bug der Erosion offenbar stärker ausgesetzt – er ist teilweise ausgebroch­en. Von den Bordwänden sind nur noch wenige Zentimeter Höhe übrig.

Bereits am Mittwoch ist der Einbaum in einer speziell gebauten, mit Wasser gefüllten Wanne nach München gebracht worden. Dort wird er mit einem speziellen Kunstharz konservier­t – es verdrängt allmählich das Wasser aus dem Holz und stützt es. Dieser Vorgang kann bis zu drei Jahre dauern. Wie und wo der Fund später der Öffentlich­keit zugänglich sein wird, ist noch unklar.

Neben Bayern freut sich auch Baden-Württember­g: „Für die Landesarch­äologie hat der Fund große Bedeutung“, sagt Julia Goldhammer, Referentin für Feuchtbode­narchäolog­ie beim Landesamt für Denkmalpfl­ege in Stuttgart. „Vom Bodensee kennen wir bislang nur zwei Wasserfahr­zeuge, die sicher als Einbaum anzusehen sind. Das letzte prähistori­sche Stammboot wurde vor 90 Jahren gefunden.“Es gehöre zu den ungelösten Rätseln der Pfahlbauar­chäologie, wo die Boote der Siedler aus der Stein- und Bronzezeit geblieben sind.

Rechtlich gesehen gehört dem Finder Christoph Schmid übrigens eine Hälfte des Einbaums, die andere dem Land Bayern. Das große Geld bedeutet das allerdings nicht, wie Vertreter des Freistaats bei der Präsentati­on deutlich machten. Aber das kann Schmids Freude über seine Entdeckung nicht trüben.

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FOTO: DPA Alt, älter, Einbaum: Der bislang älteste Bootsfund am Bodensee geht auf das Konto von Hobbyschno­rchler Christoph Schmid. Der Einbaum ist jetzt vor Wasserburg geborgen worden.

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