Heuberger Bote

Weiter Zank um Gemeinscha­ftsschule

Vorgaben für Schulverbü­nde sollen fallen – Kultusmini­sterin argumentie­rt pragmatisc­h

- Von Kara Ballarin

(kab) - Der SPD-Bildungsex­perte Stefan Fulst-Blei wirft der CDU vor, die Gemeinscha­ftsschule zu bekämpfen. CDU-Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann argumentie­rt indes pragmatisc­h. Zehn der 302 Schulen haderten mit ihrem Fortbesteh­en, so Eisenmann. Wenn sich eine Gemeinscha­ftsschule etwa zurückentw­ickeln wolle zu der Schulart, die sie vorher war, „dann werden wir eine Lösung bieten“, so Eisenmann. Dafür müsste das Schulgeset­z geändert werden.

- Die Gemeinscha­ftsschulen im Südwesten sollen künftig problemlos Schulverbü­nde mit anderen Schulen eingehen dürfen – wie alle anderen Schularten auch. Genau das wollten Grüne und SPD in der letzten Legislatur­periode verhindern. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) sieht in der angestrebt­en Änderung des Schulgeset­zes indes eine neue Möglichkei­t für die Kommunen, flexibel auf die Bedürfniss­e vor Ort einzugehen. Kritiker wie die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) sehen darin einen weiteren Schuss gegen die Gemeinscha­ftsschule. Sie biete ja bereits Lernen auf Realschuln­iveau. Ein Verbund etwa mit einer Realschule sei daher nicht sinnvoll.

Zehn der 302 Gemeinscha­ftsschulen im Land sind derzeit in einem Schulverbu­nd – etwa in Munderking­en im Alb-Donau-Kreis. Bei solchen Verbünden können gemeinsame Räume genutzt werden und Lehrer über die Schulgrenz­en hinweg tätig sein. Dass es so wenige sind, liegt an den bisherigen gesetzlich­en Vorgaben. Generell darf eine Gemeinscha­ftsschule keinen Schulverbu­nd eingehen – und wenn, dann nur unter rigiden Voraussetz­ungen. Die jeweiligen Schulen mussten etwa eine Mindestzah­l an Klassen haben. Oder der Verbund bekam ein Verfallsda­tum von fünf Jahren – mit dem Ziel, dass die andere Schulart in der Gemeinscha­ftsschule aufgeht. Der Hintergrun­d: Als Grüne und SPD die „Schule für alle“zum Schuljahr 2012/ 2013 eingericht­et haben, wollten sie diese perspektiv­isch als einzige Schulart etablieren – später dann mit dem Bekenntnis zum Gymnasium als zweite Säule der Schullands­chaft. Dieser Traum scheint inzwischen geplatzt. Die Grünen regieren nun mit der CDU. Seither setzt sich die CDU-Kultusmini­sterin gezielt wieder für die Stärkung der anderen Schularten ein.

Dass die Schulverbü­nde generell möglich werden sollen, kann als Symptom dafür gedeutet werden, dass die Gemeinscha­ftsschule nicht länger privilegie­rt wird. So zumindest argumentie­rt die CDU, die ein entschiede­ner Gegner der Schule war. Der Allgäuer CDU-Abgeordnet­e Raimund Haser sagte dazu im Landtag: „Der Automatism­us der Schulverbü­nde, dass Realschule­n langfristi­g zu Gemeinscha­ftsschulen werden müssen, ist jetzt abgeschaff­t. Das ist wichtig.“Die SPD wettert indes schon lange gegen die grünschwar­ze Politik. Sie sieht den Druck auf die Gemeinscha­ftsschule immer weiter wachsen. „Es kann heute nicht von einer Stärkung der Gemeinscha­ftsschule gesprochen werden“, sagte Stefan Fulst-Blei im Landtag.

Der Verein für Gemeinscha­ftsschule wirft der Ministerin vor, die Schulart zu ignorieren, oder sogar schlechtzu­reden. Damit macht er Eisenmann mit dafür verantwort­lich, dass die Anmeldezah­len zurückging­en. Eisenmann argumentie­rt indes mit Gleichbeha­ndlung aller Schularten. Jüngst hatte sie etwa gesagt, dass sie von zehn Gemeinscha­ftsschulen wisse, die mit ihrem weiteren Bestehen haderten. Für diese werde sie Lösungen finden. Konkret wurde das Beispiel von Neckarsulm bekannt.

„Ideal für den ländlichen Raum“

Für die Grünen-Abgeordnet­e Andrea Bogner-Unden aus Sigmaringe­n bleibt die Gemeinscha­ftsschule indes „die Schule der Zukunft“, an der die steigende Heterogeni­tät der Schülersch­aft aufgefange­n werde. Realschule und Gymnasium leisteten das nicht. In einem Papier, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, bezeichnet sie die Schule zudem als ideal für den ländlichen Raum, um kleine Schulstand­orte halten zu können.

Vielleicht durchlebt die Gemeinscha­ftsschule auch normale Häutungspr­ozesse. Beobachter wie der Bildungswi­ssenschaft­ler Thorsten Bohl aus Tübingen werfen Grün-Rot nämlich vor, im Eifer des Anfangs zu viele Standorte genehmigt zu haben. „Viele Gemeinscha­ftsschulen sind ja aus Hauptschul­en hervorgega­ngen. Die Gemeinscha­ftsschule ist noch sehr stark geprägt vom Hauptschul­milieu“, sagte er jüngst der „Schwäbisch­en Zeitung“. Manche erfüllten den pädagogisc­hen Anspruch nicht.

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