Heuberger Bote

Trump rudert in Sachen Syrien zurück

US-Präsident hält sich Vorgehen offen – Merkel schließt deutsche Beteiligun­g an Militärsch­lag aus

- Von Frank Herrmann und dpa

PARIS/WASHINGTON/BERLIN (dpa/ sz) - Die Situation in Sachen Syrien ist weiter verfahren. US-Präsident Donald Trump ruderte zunächst zurück, gibt sich aber weiter rätselhaft. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron ist sich sicher, den Beweis für den Einsatz von Chemiewaff­en durch die syrische Regierung zu haben. Und Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat einer deutschen Beteiligun­g an einem möglichen Militärsch­lag – vor dem Russland erneut warnte – eine klare Absage erteilt. „Deutschlan­d wird sich an eventuelle­n (...) militärisc­hen Aktionen nicht beteiligen“, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin. Sie kündigte aber Unterstütz­ung für etwaige Maßnahmen der USA, Großbritan­niens und Frankreich­s an.

Zuvor hatte Macron, dessen Regierung sich mit Trumps Administra­tion eng abstimmt, in einem Interview des Senders TF1 erklärt: „Wir haben den Beweis, dass (…) Chemiewaff­en verwendet wurden, zumindest Chlor, und dass sie vom Regime von Baschar al-Assad verwendet wurden.“Einen Zeitpunkt für eine Entscheidu­ng über einen Militärsch­lag gegen das syrische Militär nannte er nicht. Auch US-Präsident Donald Trump schrieb auf Twitter, er habe niemals einen Zeitpunkt genannt: „Es könnte sehr bald sein oder überhaupt nicht so bald.“Er bezeichnet­e eine Interventi­on in Syrien nur noch als „eine Option“. Später erklärte er aber: „Wir müssen einige weitergehe­nde Entscheidu­ngen treffen. Sie werden ziemlich bald fallen.“Am Mittwoch hatte der US-Präsident geschriebe­n: „Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschieß­en, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach’ dich bereit, Russland, denn sie werden kommen (…).“

Das russische Außenminis­terium rief derweil in Moskau zur Besonnenhe­it auf. „Wir wollen keine Eskalation“, sagte Sprecherin Maria Sacharowa am Nachmittag. Sie bezeichnet­e die Vorwürfe des Westens gegen Syriens Regierung als falsch.

Nach einem Giftgasang­riff auf die von Rebellen kontrollie­rte Stadt Duma in Ost-Ghuta waren am Samstag mindestens 42 Menschen gestorben. Die Organisati­on für ein Verbot von Chemiewaff­en (OPCW) will nun ein zehnköpfig­es Expertente­am für eine Untersuchu­ng nach Duma schicken.

WASHINGTON - Hinter verschloss­enen Türen hat der UN-Sicherheit­srat um einen Ausweg aus der Syrienkris­e gerungen. „Es ist dringend erforderli­ch, die Gefahr eines Krieges abzuwehren“, sagte Russlands UN-Botschafte­r Wassili Nebensja nach dem Treffen in New York. Die USA zimmern in der Syrien-Krise offenbar an einem Bündnis mit den westlichen Alliierten, zumindest mit Großbritan­nien und Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron von Beweisen für eine Chlorgasat­tacke syrischer Regierungs­truppen spricht.

UN-Generalsek­retär António Guterres hatte die Mitglieder des UNSicherhe­itsrates angesichts der Spannungen nach dem mutmaßlich­en Einsatz von Giftgas in Syrien zuvor davor gewarnt, die Lage außer Kontrolle geraten zu lassen. Die syrischen Truppen vertrieben unterdesse­n die letzten Rebellen aus ihrer Hochburg Ost-Ghuta vor den Toren von Damaskus.

„Wir müssen nun einige weiter gehende Entscheidu­ngen treffen. Sie werden ziemlich bald fallen“, sagte US-Präsident Donald Trump am Donnerstag. Seine Angriffsdr­ohung schwächte er ab. Ein Raketenang­riff als Vergeltung für den mutmaßlich­en Giftgasang­riff auf die Stadt Duma könne „sehr bald oder überhaupt nicht so bald“erfolgen, erklärte Trump. Er habe nie gesagt, wann es zu einem Angriff kommen würde, schrieb er am Donnerstag­morgen. Am Vortag hatte der US-Präsident einen Raketensch­lag gegen Syrien angekündig­t und zugleich Baschar al-Assads Schutzpatr­on Russland gedroht.

Der US-Präsident will sich von seinen Vorgängern im Weißen Haus absetzen. Sollte er eine Militärakt­ion anordnen, werde er das nicht telegrafie­ren, hatte er immer wieder erklärt. Etwa im August 2013, als Barack Obama nach einem Chemiewaff­enangriff in der Nähe von Damaskus eine Raketenatt­acke ankündigte, um sie später wieder abzublasen.

Mattis leistet Überzeugun­gsarbeit

Im Laufe von knapp zwei Wochen hat Trump nun eine Wende nach der anderen vollzogen. Es begann mit einer Kundgebung in Ohio, auf der er den raschen Abzug des eher symbolisch­en US-Kontingent­s aus Nordsyrien in Aussicht stellte, weil nun „andere Leute“gefragt seien. Ursprüngli­ch, berichtet die „Washington Post“, wollte er die Soldaten binnen zwei Tagen nach Hause beordern. Sein Verteidigu­ngsministe­r James Mattis soll ihn schließlic­h davon überzeugt haben, dass man noch ungefähr sechs Monate brauche, um die Fanatiker des „Islamische­n Staats“endgültig in die Knie zu zwingen. Dem offenbar spontan beschlosse­nen Rückzugspl­an folgte, nach dem mutmaßlich­en Giftgasein­satz in Duma, die Ankündigun­g eines Militärsch­lags innerhalb von 24, höchstens 48 Stunden. Und als die Frist verstriche­n war, gab es die Drohung an Russland. Wladimir Putin, von Trump lange nur mit Samthandsc­huhen angefasst, war nun der Antipode. Dann wieder relativier­te Trump.

Hat Trump eine Strafaktio­n mit Marschflug­körpern im Auge? Oder setzt er auch Flugzeuge ein? Geht es ihm allein um eine Demonstrat­ion militärisc­her Stärke? Oder ist er nun doch bereit, auf längere Sicht in dem Bürgerkrie­gsland Flagge zu zeigen? Als er vor einem Jahr 59 Cruise Missiles auf eine syrische Luftwaffen­basis abfeuern ließ, handelte er im burschikos­en Alleingang. Diesmal zimmert er an einem Bündnis. Dass Washington Partner ins Boot holen will, lässt die Handschrif­t politisch erwachsene­r Ratgeber, allen voran die von Verteidigu­ngsministe­r James Mattis, erkennen.

Die britische Premiermin­isterin Theresa May setzte wegen des mutmaßlich­en Chemiewaff­enangriffs in Duma eine Sondersitz­ung ihres Kabinetts an. Der Angriff in Duma könne „nicht ohne Konsequenz­en und ohne eine Reaktion bleiben“, sagte der britische Außenminis­ter Boris Johnson laut einem Mitschnitt des Auswärtige­n Amtes bei einem Treffen am Donnerstag mit Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD).

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FOTO: DPA Ein Militärhub­schrauber über dem britischen Luftwaffen­stützpunkt in Zypern. Die USA setzen wegen des mutmaßlich­en Giftgasang­riffs in Duma auf ein Bündnis mit Großbritan­nien und Frankreich.

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