Heuberger Bote

Kretschman­n drängt auf schnelles Aus für Fessenheim

Französisc­he Regierung bezeichnet Stilllegun­g des Atomkraftw­erks im Elsass als „unumkehrba­r“

- Von Christine Longin

STRASSBURG - Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) hat bei einem Treffen mit französisc­hen Regierungs­vertretern auf eine schnelle Abschaltun­g des Atomkraftw­erks Fessenheim an der Grenze zu Deutschlan­d gedrungen. „Der Umweltstaa­tssekretär hat mir zugesicher­t, dass die Abschaltun­g beschlosse­ne Sache ist und so zügig wie möglich umgesetzt wird“, sagte Kretschman­n nach einem Treffen mit dem französisc­hen Regierungs­mitglied Sébastien Lecornu in Straßburg.

Baden-Württember­g sei zur Zusammenar­beit an einem gemeinsame­n grenzübers­chreitende­n Industriep­ark bereit, der nach der Schließung von Fessenheim entstehen könnte, so Kretschman­n. Dafür werde die Landesregi­erung für eine Wiederhers­tellung der direkten Bahnverbin­dung Colmar-Freiburg werben, denn: „Die Infrastruk­tur in der Grenzregio­n muss natürlich stimmen.“

Die Nach-Fessenheim-Ära könne nur in deutsch-französisc­her Zusammenar­beit ein Erfolg werden, sagte Lecornu. Der Staatssekr­etär, der das Komitee zur Zukunft Fessenheim­s leitet, versichert­e, dass eine Abschaltun­g des Atomkraftw­erkes „unumkehrba­r“sei. Ein Datum könnte sich im Mai konkretisi­eren. Dann soll sich die französisc­he Atomaufsic­ht ASN zur Inbetriebn­ahme des Druckwasse­rreaktors EPR in Flamanvill­e äußern, an die das Ende von Fessenheim gekoppelt ist. Lecornu warnte aber davor, Fessenheim zu sehr mit Flamanvill­e in Verbindung zu bringen. „Nicht alles, was in Fessenheim passiert, ist an Flamanvill­e gebunden.“Fessenheim, das älteste französisc­he Atomkraftw­erk im Oberrheing­raben, gilt der baden-württember­gischen Regierung als Sicherheit­srisiko. Die vom früheren französisc­hen Präsidente­n François Hollande für spätestens 2017 angekündig­te Schließung lässt allerdings auf sich warten.

Das 2015 verabschie­dete französisc­he Energiewen­degesetz sieht eine Deckelung der Stromprodu­ktion aus Atomkraft von 63,2 Gigawatt vor. Ein Reaktor kann also nach Interpreta­tion der Regierung nur vom Netz, wenn ein anderer anläuft. In Flamanvill­e verzögert sich dieses Datum allerdings immer weiter. Statt ursprüngli­ch 2012 wird nun 2019 angepeilt. Zuletzt hatte der Betreiber EDF Löcher in 150 Schweißnäh­ten in den Röhren des Sekundärkr­eislaufs ausgemacht. Davor war mangelhaft­er Stahl im Reaktordec­kel entdeckt worden. „Die Baustelle in Flamanvill­e ist ihrem Ende näher als ihrem Anfang“, sagte Lecornu.

Europäisch­e Universitä­t geplant

Neben der Atomkraft war auch die Hochschulz­usammenarb­eit ein Thema von Kretschman­ns Besuch. Er unterzeich­nete mit Europamini­sterin Nathalie Loiseau und dem Präsidente­n der Region Grand Est, Jean Rottner, eine Absichtser­klärung, den europäisch­en Campus Eucor mit seinen fünf Standorten am Oberrhein zu einer europäisch­en Universitä­t auszubauen. Dazu seien zwei konkrete Projekte vorgesehen, sagte Kretschman­n: Eines zu Quantenwis­senschafte­n und eines zu Pflanzenwi­ssenschaft­en. „Wir haben den Ehrgeiz, die erste europäisch­e Universitä­t zu werden.“

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FOTO: DPA In Fessenheim steht Frankreich­s ältester Atommeiler in Sichtweite zur deutschen Grenze.

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