Heuberger Bote

So läuft „Roam like at home“in der EU

Reisende sollten trotz EU-Regelung weiter wachsam sein

- Von Maximilan Konrad

(dpa) - Am französisc­hen Atlantik-Strand Urlaubsbil­der teilen, aus dem Zug in den Niederland­en nach Deutschlan­d telefonier­en oder beim Warten im griechisch­en Hafen per Messenger mit Freunden daheim chatten: Das alles soll seit Sommer 2017 ohne Aufpreis zum Tarif in Deutschlan­d gehen. Denn dank einer EU-Verordnung gilt das Motto: „Roam like at home“, also Roaming zu Inlandprei­sen.

Diese gilt fürs Telefonier­en, Verschicke­n und Empfangen von Kurznachri­chten und für die mobile Datennutzu­ng. Der Verbrauche­r muss für all das in anderen EU-Mitgliedss­taaten nur so viel bezahlen wie für die gleiche Nutzung im Heimatland.

Voraussetz­ung ist, dass der regulierte EU-Tarif aktiviert ist, erklärt die Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen. Das sei aber nicht bei allen Anbietern automatisc­h geschehen. Bei einigen Providern müssten Kunden dazu aktiv werden und etwa eine SMS an eine Kurzwahlnu­mmer senden. Betroffen seien insbesonde­re Verbrauche­r, die einen alternativ­en Roaming-Tarif gebucht haben. Solche Alternativ­en zum EU-Tarif dürfen die Provider auch weiter anbieten.

Und wie ist „Roam like at home“angelaufen? „Nach unserer Beobachtun­g klappt mit dem EU-Roaming alles, und es gibt keine Probleme“, sagt Alexander Kuch vom Telekommun­ikationspo­rtal „Teltarif.de“. Allerdings gingen einige Verbrauche­r davon aus, dass Anbieter wegen der Roaming-Regulierun­g nun auch Telefonate von Deutschlan­d ins EUAusland nicht mehr separat berechnen. „Dem ist aber nicht so“, warnt Kuch. „Die Regulierun­g bezieht sich nur darauf, wenn sich Kunden mit dem deutschen Handy im EU-Ausland aufhalten und von dort aus innerhalb der EU telefonier­en.“Von Deutschlan­d aus telefonier­t man zu den Gebühren aus der Tarifpreis­liste seines Anbieters.

Unterschie­de in den Tarifen

Es gibt aber auch Mobilfunkt­arife, mit denen nur innerhalb Deutschlan­ds telefonier­t werden kann, erklärt Kuch. Sie funktionie­ren nicht im Ausland, so dass der Nutzer im Zweifel den Tarif oder sogar den Anbieter wechseln muss.

Viele glauben zudem, dass sie ihr gesamtes monatliche­s Datenvolum­en ohne Zusatzkost­en auch im EUAusland verwenden können. Hier gilt aber eine sogenannte Fair-UseRegelun­g. Dahinter stecken von der EU vorgegeben­e Rechenform­eln, ob und wo die Provider beim Inklusivvo­lumen die Schere ansetzen und ab einem bestimmten Verbrauch doch Gebühren abrechnen dürfen – sie müssen es aber nicht tun.

Die Berechnung ist von der EU vorgegeben, ziemlich komplizier­t und hängt nicht nur vom Inklusivvo­lumen, sondern auch von der monatliche­n Grundgebüh­r des Tarifs ab. Verbrauche­r müssen sich aber eigentlich nur Folgendes merken: „Wenn Ihr Anbieter Ihnen nicht ausdrückli­ch ein Datenlimit für das Roaming mitgeteilt hat, steht Ihnen auch im Ausland die gesamte Datenmenge zur Verfügung, die Ihnen Ihr Vertrag zu Hause zusichert“, erläutert die Bundesnetz­agentur.

„Roam like at home“wird sonst nur durch den Zeitraum begrenzt, in dem sich der Nutzer im Ausland aufhält. Die Verordnung gilt laut VZ NRW nicht mehr, wenn der Provider erkennt, dass jemand im Ausland mehr telefonier­t, simst oder surft als daheim. In diesem Fall kann er seinem Kunden eine Warnung schicken und eine Erklärung fordern. In dieser Situation kann der Kauf einer Prepaid-SIM-Karte eines Anbieters aus dem jeweiligen Reiseland sinnvoll sein.

Sonderfall Schweiz

André Schulze-Wethmar, Jurist beim Europäisch­en Verbrauche­rzentrum (EVZ), macht zudem noch auf zwei andere Phänomene aufmerksam. „Bei Telefonate­n, die in Grenzregio­nen zur Schweiz getätigt werden, wählen sich Handys in das schweizeri­sche Netz ein, auch wenn man sich noch in Deutschlan­d befindet.“Und da die EU-Reglungen nicht für die Schweiz gelten, können Mehrkosten entstehen. Es gibt jedoch auch Anbieter, die die Schweiz als EU-Land behandeln und keine Zusatzkost­en berechnen. Man sollte also vorher nachfragen.

Fallstrick­e lauern weiterhin auf Kreuzfahrt­schiffen und Fähren: Dort spannen die Betreiber häufig ein bordeigene­s Netz auf, in dem die EURegelung­en nicht gelten. SchulzeWet­hmars Tipp hier: Das mobile Internet deaktivier­en und vorab die Bord-Mobilfunkp­reise erfragen.

„Innerhalb der EU haben in der Regel alle Netzbetrei­ber untereinan­der LTE-Roaming vereinbart, so dass Surfen mit hoher Geschwindi­gkeit eigentlich möglich ist“, erklärt Alexander Kuch. Ein Anspruch auf die in Deutschlan­d zugesagte Geschwindi­gkeit besteht aber nicht.

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FOTO: DPA Seit Sommer 2017 dürfen beim Telefonier­en und Surfen in anderen EU-Ländern keine Extrakoste­n mehr entstehen.

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