Ein Mülleimer als Herz
Juve und Buffon schäumen nach Drama-Aus gegen Real Madrid
(dpa) - Nach dem bitteren Champions-League-Knock-out war die Wut bei Juventus Turin grenzenlos. Torwart-Legende Gianluigi Buffon beschimpfte den Schiedsrichter, Präsident Andrea Agnelli sprach gar von einer „wissenschaftlichen“Bestrafung für italienische Clubs, durch die Juve im Herzschlag-Duell an Titelverteidiger Real Madrid scheiterte. Ein „Verbrechen gegen den Sport“witterten die italienischen Gazetten, nachdem es trotz des 3:1-Sieges im Bernabeau nicht für die Turiner gereicht hatte. Auch die Stars von Real Madrid um Weltfußballer Cristiano Ronaldo und Toni Kroos lächelten eher erleichtert als euphorisch.
Der 40 Jahre alte Buffon, für den die Partie womöglich das letzte Spiel in der Königsklasse war, redete sich in Rage und knöpfte sich nach seiner mit Rot bestraften Tätlichkeit auch verbal den Schiedsrichter vor. Gemeint war Michael Oliver aus England, der „anstelle des Herzens einen Mülleimer“trage und lieber auf der Tribüne Chips essen solle, als zu pfeifen, schimpfte der Routinier. Der Zweikampf zwischen Mehdi Benatia und Lucas Vázquez in der Nachspielzeit erhitzte derart die Gemüter, dass einzelne Juve-Profis im Moment der Enttäuschung vollkommen die Kontrolle über sich verloren.
Kurz danach schoss Ronaldo Titelverteidiger Real in der siebten Minute der Nachspielzeit beim sensationellen Stand von 0:3 und der drohenden Verlängerung mit einem Foul-Elfmeter ins Glück. „Wir müssen daraus die Lehren ziehen. Im Fußball wird dir nichts geschenkt“, sagte Ronaldo kurz danach. Der Portugiese schoss wuchtig und platziert oben ins Eck, sein Elfmeter war unhaltbar für den spät eingewechselten Ersatzkeeper Wojciech Szczesny.
Die Madrider Sportzeitung „AS“resümierte das Geschehen mit den Schlagzeilen „93 Minuten Angst“und „Von der Panik ins Halbfinale“. Das in Barcelona erscheinende Blatt „Sport“sprach vom „Diebstahl des Jahrhunderts“. Gemeint war der Elfmeter-Pfiff, bei dem es zweifellos Kontakt gab, aus Sicht der Juve-Profis aber nicht genug. „Ein menschliches Wesen kann nicht einfach pfeifen und somit das Ausscheiden einer Mannschaft nach solch einer Partie und einem sehr zweifelhaften Vorfall verfügen“, schimpfte Buffon.
Real will das Titel-Triple
Real bleibt der Traum vom königlichen Titel-Triple erhalten, bei Juve setzten sie nach dem bitteren Scheitern zum Rundumschlag an. Präsident Agnelli forderte den Abgang des italienischen Schiedsrichterchefs bei der UEFA, Pierluigi Collina, der voreingenommen entscheide, wie Agnelli meint. In Italien mischte sich in die Wut allerdings auch Stolz auf die unglaubliche Aufholjagd der Turiner, die es fast doch noch ins Halbfinale geschafft hätten. Nun richtet sich der Blick auf den AS Rom, der das Fußballwunder vollbracht und Barcelona bezwungen hatte.
Dass Juve das 0:3 vom Hinspiel dank eines Kopfball-Doppelpacks des früheren Bayern- und Wolfsburg-Stürmers Mario Mandzukic (2., 37.) und eines Tores von Blaise Matuidi (61.) wettmachen würde, hätte in Madrid niemand für möglich gehalten. „Wir haben gut gespielt, nur vergessen, Tore zu schießen“, meinte Kroos. Dass Ronaldo sein Tor macht, wird dagegen in der Champions League langsam zum Gesetz. Es war sein 11. CL-Match in Serie mit Torerfolg. Ein Rekord. Insgesamt war es sein 120. Treffer im 150. Spiel.