Heuberger Bote

Lass es gut gehen

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it dem Fuß auf dem Gaspedal den Rosenkranz zu beten ist sicherlich keine gute Idee.

Dafür gibt es sogenannte „Sattelschl­epper-Stoßgebete“. Die, ständig wiederholt, können beim Überholen durchaus hilfreich sein. Und nicht nur da. „Bitte, bitte, bitte, lass es gut gehen, lass es gut gehen, lass es gut gehen!“Es war ziemlich brenzlig. Autobahn, Baustelle, verengte Fahrstreif­en und rechts einer von diesen dicken Brummern. Mit seinen linken Rädern kam er verdächtig nah an die gelbe Markierung­sgrenze und meinem Wagen immer näher.

Ich bin wahrlich kein ängstliche­r Mensch, wenn es ums Autofahren geht, aber dies hier war auch nach meinem Geschmack eine Nummer zu happig. Konzentrie­rt hielt ich das Lenkrad gerade, das Tempo konstant und ohne darüber nachzudenk­en, fand meine Hilflosigk­eit diese vier Wörter: „Lass es gut gehen!“Zur Sicherheit und Betonung der Dringlichk­eit schnell dreimal hintereina­nder vor mich hin gezischelt. Meine Not brauchte das. Und, wer weiß, vielleicht versteht Der-da-Oben dann besser: Es eilt! So gesehen ist das Rosenkranz­beten eine fantastisc­he Tradition. Von außen betrachtet und belauscht, mag es manchen Skeptikern merkwürdig vorkommen, wenn da gleich zehn Mal hintereina­nder dasselbe gemurmelt wird. Aber mein dreifaches Sattelschl­epper-Stoßgebet auf der Autobahn zeigte mir, dass dieses Wiederhole­n ein und desselben Satzes offensicht­lich aus der Mitte der Seele kam. Schuldekan Reiner Lehmann, Dekanat Tuttlingen-Spaichinge­n

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FOTO: PRIVAT Reiner Lehmann

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