May verteidigt Beteiligung
Einsatz ist in Großbritannien hochumstritten
Die Frage nach der Mission beherrscht nach dem Raketenschlag in Syrien die Debatte in den USA. Eine Chemiewaffenattacke dürfe nicht ungestraft bleiben, schon, um Nachahmer nicht zu ermuntern, wollte der US-Präsident demonstrieren. Die USA haben nach eigenen Angaben Hinweise darauf, dass bei dem Angriff in Syrien auch das Nervengas Sarin eingesetzt wurde. Es gebe „bedeutsame Informationen“, dass in der Stadt Duma neben Chlorgas auch Sarin zum Einsatz gekommen sei, sagte eine US-Regierungsvertreterin in Washington. Sie berief sich dabei auf Bilder vom Angriff und die Aussagen von Augenzeugen.
Zugleich stellt die Administration klar, dass der Angriff nichts an ihren Prioritäten ändert. Man wolle den „Islamischen Staat“besiegen, aber nicht in den Bürgerkrieg hineinschlittern, betonte Pentagon-Sprecherin Dana White. Derzeit sind rund 2000 US-Militärs im Norden und Nordosten Syriens stationiert, um eine Allianz mit kurdischen Milizen bilden. Ohne ein ernsthaftes Gegengewicht zu Akteuren wie Russland, Iran oder der Türkei zu bilden, sagen Skeptiker, muss sich Washington mit der Rolle des Zuschauers begnügen, der vielleicht ab und an laut werden, aber nicht mitspielen kann.
Im Kongress sind die politischen Fronten eher diffus. Auch prominente Oppositionelle gehören zu denen, die Trump applaudieren, wenn auch verhalten. Chuck Schumer, die Nummer eins der Demokraten im Senat, spricht von einer punktgenauen Strafaktion. Schumers Parteifreund Eliot Engel, Abgeordneter im Repräsentantenhaus, sieht dagegen nur eine Neuauflage des Militärschlags vom April 2017, als Trump 59 Marschflugkörper auf die Luftwaffenbasis Al-Schairat abfeuern ließ.
Im Weißen Haus konnten sich bei der Entscheidung offenbar vorsichtige Realisten wie Verteidigungsminister James Mattis durchsetzen, bevor Trump den Angriffsbefehl gab. Während der Falke John Bolton, sein neuer Sicherheitsberater, auf eine Machtdemonstration mit empfindlichen Folgen für Assad gedrängt habe, hätten sowohl Mattis als auch Joseph Dunford, der Generalstabschef der Streitkräfte, gebremst. Letztere hätten Trump das Risiko eines Zusammenstoßes mit Russland und Iran vor Augen geführt. Das Risiko einer Eskalation, die womöglich bedeutet hätte, eben doch in den Strudel des Bürgerkriegs hineingezogen zu werden. „Wir waren nicht darauf aus, dies auszudehnen“, sagte Mattis.
Die USA haben indes neue Sanktionen gegen Russland angekündigt. Die Strafmaßnahmen sollen russische Unternehmen treffen, die mit der syrischen Regierung Geschäfte machen, sagte die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley.
- Die britische Beteiligung am Raketenangriff in Syrien bleibt auf der Insel hochumstritten. Umfragen vor dem Einsatz in der Nacht zum Samstag ließen wenig Verständnis für die Entscheidung von Premierministerin Theresa May erkennen. Die Opposition will die Regierungschefin am Montag im Unterhaus zur Rede stellen und ihr eine Abstimmung aufzwingen. Weil nicht einmal die Reihen der konservativen Fraktion geschlossen sind, könnte May ein etwaiges Votum verlieren.
Londons militärischer Beitrag zur Strafaktion der drei westlichen Vetomächte im UN-Sicherheitsrat hätte geringfügiger kaum ausfallen können: Vom Stützpunkt Akrotiri der Royal Air Force auf Zypern aus nahmen vier Tornado-Kampfbomber, geleitet von vier Typhoon-Jets, an dem Einsatz teil. Zum eigenen Schutz vermieden sie sorgfältig das Eindringen in syrischen Luftraum; sie feuerten je zwei Raketen vom Typ Storm Shadow, produziert vom europäischen Rüstungskonsortium MBDA, auf ihr Ziel rund 25 Kilometer westlich der Stadt Homs. Dort soll das Regime von Baschar al-Assad Komponenten für chemische Waffen lagern und erproben.
Sichtlich übermüdet verteidigte May am Samstag in einer 40-minütigen Pressekonferenz ihr Vorgehen. Alle bekannten und zusätzlich von Geheimdiensten beschafften Erkenntnisse deuteten auf das AssadRegime als Urheber des Chemiewaffen-Einsatzes vom vorvergangenen Samstag hin. Keine andere Gruppe komme infrage; die Terrortruppe IS/ Daesh sei in Duma gar nicht vertreten. Als „grotesk und absurd“wies die 61-Jährige russische Vorwürfe zurück, wonach die von Grossbritannien unterstützte Hilfsorganisation White Helmets für den Mordanschlag verantwortlich sei.
Mehrfach betonte die Konservative, es sei nicht um ein Eingreifen im syrischen Bürgerkrieg, geschweige denn um einen Regimewechsel gegangen. Man habe Assads Waffenarsenal verringert und den syrischen Präsidenten vom erneuten Gebrauch seiner Massenvernichtungswaffen abgeschreckt. Ausdrücklich verknüpfte May die Ereignisse von Duma und Salisbury miteinander. Die Abschreckung gelte auch jenen – gemeint war Russland – „die glauben, sie könnten straflos Chemiewaffen einsetzen. Die internationale Gemeinschaft wird den Gebrauch von Chemiewaffen nicht tatenlos hinnehmen.“Dies liege im nationalen Interesse Großbritanniens.
Oppositionsführer Jeremy Corbyn kritisierte die „rechtlich fragwürdigen“Luftschläge scharf: „Bomben bringen keinen Frieden.“Die Premierministerin hätte die Erlaubnis des Parlaments einholen sollen, so der Labour-Politiker, „anstatt Anweisungen von Washington entgegenzunehmen“. Die schottische Ministerpräsidentin und Vorsitzende der Nationalistenpartei SNP, Nicola Sturgeon, beklagte ebenfalls das fehlende Parlamentsmandat.