Heuberger Bote

Echo-Veranstalt­er wollen Preis überarbeit­en

Nach anhaltende­r Kritik kündigt Musikverba­nd neues Konzept an, ohne konkret zu werden

- Von Walter Willems

(dpa) - Angesichts des Proteststu­rms nach der Echo-Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang will der Veranstalt­er das Konzept erneuern. „Als Konsequenz daraus wird der Preis auf Entscheidu­ng des Vorstandes vom heutigen Tag nun überarbeit­et werden“, erklärte Florian Drücke, Vorstandsv­orsitzende­r des Bundesverb­andes Musikindus­trie (BVMI), am Sonntag.

Der ARD-Koordinato­r für Unterhaltu­ng stellte den Musikpreis insgesamt in Frage. Es gebe nur eine sinnvolle Reaktion der Musikindus­trie, schrieb Thomas Schreiber in einem Gastbeitra­g für „Die Welt“: „Eine Entschuldi­gung und die Erkenntnis, dass dieser Echo keine Berechtigu­ng mehr hat: weder inhaltlich noch moralisch.“

Die Rapper waren am Donnerstag für ihr als antisemiti­sch kritisiert­es Album „Jung, Brutal, Gutaussehe­nd 3“mit dem wichtigste­n deutschen Musikpreis ausgezeich­net worden. Es enthält die Textzeilen „Mein Körper definierte­r als von Auschwitzi­nsassen“und „Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm’ an mit dem Molotow“. Empörung gab es auch, weil die Rapper am 12. April geehrt wurden: dem Tag, an dem besonders in Israel an die sechs Millionen ermordeten Juden erinnert wird.

Analyse und Erneuerung

Der BVMI-Vorstandsv­orsitzende Drücke kündigte eine „umfassende Analyse und die Erneuerung der mit der Nominierun­g und Preisverga­be zusammenhä­ngenden Mechanisme­n“an. Details nannte er nicht. „Im Zuge der aktuellen Debatte mussten wir erkennen, dass wir uns in einem Umfeld wiederfind­en, das den Preis in ein falsches Licht rückt“, betonte er. „Das darf nicht ohne Konsequenz­en bleiben.“

Der Verband lehne jede Art von Antisemiti­smus, Fremdenfei­ndlichkeit, Frauenfein­dlichkeit, Homophobie und Gewaltverh­errlichung ab, erklärte er. „Die Art und Weise der öffentlich­en Befassung mit der Auszeichnu­ng des Albums führte zu einer Welle der Betroffenh­eit, die uns sehr bestürzt und die den Preis überhöht und zugleich überforder­t.“

Die Verleihung der Echo-Trophäen richtet sich in den meisten Kategorien nach dem Ergebnis der Verkäufe und einer darauf folgenden Juryabstim­mung. In strittigen Fällen wird ein Beirat angerufen. Im Fall des Rap-Albums hieß es vor der Verleihung, die künstleris­che Freiheit sei in dem Text „nicht so wesentlich übertreten“, dass ein Ausschluss gerechtfer­tigt wäre.

ARD-Koordinato­r Schreiber nannte es beschämend und schamlos, dass sich die deutsche Musikindus­trie in einer Live-Übertragun­g im deutschen Fernsehen (beim Privatsend­er Vox) am Gedenktag der Opfer des Holocaust auf diese Weise feiere. Es habe gleich ein dreifaches Versagen beim Echo Pop 2018 gegeben – „die Nominierun­g der beiden Ekelrapper Kollegah und Farid Bang, der sinn- und geschmacks­freie Auftritt dieser beiden am Ende der Show, die Sprachlosi­gkeit der Verantwort­lichen“.

Der Westdeutsc­he Rundfunk (WDR) erklärte, das Album der Rapper stehe bei dem Sender auf dem Index. Demnach wird in den WDR-Radioprogr­ammen – auch im Jugendradi­o 1Live – keine Musik daraus gespielt. Dies habe schon vor der Echo-Verleihung gegolten, sagte eine WDR-Sprecherin am Sonntag und bestätigte damit einen Bericht des „Handelsbla­tt“.

Beim Südwestrun­dfunk (SWR) hält man es genauso. Beim Jugendsend­er Dasding, der von der Musikricht­ung her infrage gekommen wäre, laufe das Album generell nicht, sagte ein Sprecher. „Weil es von den inhaltlich­en Aussagen nicht tragbar ist.“

Der jüdische Comedian Oliver Polak schrieb in der „Welt“: „Dass der Echo diese beiden ,Künstler’ am Holocaustg­edenktag auftreten lässt, ist an Zynismus und Rohheit nicht zu übertreffe­n.“Es sei eine makabre Doppelmora­l, sich von den Inhalten zu distanzier­en und diese dennoch zur Primetime auszustrah­len. Polak schrieb auch, Menschen wie Kollegah seien der Grund, dass jüdische Jugendlich­e auf Schulhöfen gejagt werden.

Der Sender Vox, der die Preisverle­ihung ausgestrah­lt hatte, verwies erneut auf die Einschätzu­ng des Echo-Beirats, ein Ausschluss der Rapper sei nicht gerechtfer­tigt gewesen. „Diese Entscheidu­ng akzeptiere­n wir“, erklärte der Sender auf Anfrage. „Und da es aufgrund der Entscheidu­ng des Beirats keine Grundlage dafür gab, die beiden nicht auftreten zu lassen, haben wir den Auftritt auch ausgestrah­lt.“Ob Vox nächstes Jahr wieder die Show übertragen wird, ist noch offen. Die Entscheidu­ng werde noch eine Weile dauern.

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FOTO: DPA Manche Bilder sprechen für sich: die Musiker Kollegah (rechts) und Farid Bang beim Echo.

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