Heuberger Bote

Der Fahrradver­leih der Zukunft

Beim Fahrradkon­gress Vivavelo in Berlin diskutiert­en Vertreter aus Branche, Politik und Medien über Themen der Mobilität auf zwei Rädern

- Von Bernd Röder

(dpa) - Die Frage stellt sich nicht nur beim Auto, sondern auch beim Fahrrad: Muss es immer das eigene Fahrzeug sein oder kann man sich auch eines leihen? Auf dem Fahrradkon­gress Vivavelo gehört zu den großen Fragen, wie der Verkehr in den Städten von morgen aussieht und wie sich der Anteil des umweltfreu­ndlichen Rads noch steigern lässt. Dabei sollen auch Verleihsys­teme eine größere Rolle spielen. Doch die haben in Deutschlan­d nicht mehr nur Freunde, seit an zentralen Orten in Großstädte­n wie München, Berlin und Frankfurt zu viele Mieträder den Fußgängern im Wege stehen.

Das gefällt auch Wasilis von Rauch nicht, dem Vorsitzend­en des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d (VCD). Dennoch findet er den Wettbewerb zwischen Unternehme­n wie der Bahntochte­r Call a Bike, dem Leipziger Unternehme­n Nextbike, dem chinesisch­en Anbieter Mobike oder Obike aus Singapur gut. „Das verhindert, dass sich die Anbieter nur die Rosinen herauspick­en“– will sagen, sich mit ihren Rädern auf die lukrativst­en Plätze in Innenstädt­en oder in der Nähe von Touristena­ttraktione­n beschränke­n. „An der Peripherie gucken die Leute dann in die Röhre“, sagt von Rauch.

Mehrere Anbieter an einem Ort bedeuteten auch niedrigere Preise für die Kunden. Und wenn es mit den Privaten gut laufe, müssten auch die Kommunen kein öffentlich­es Geld für ein eigenes Mietsystem ausgeben, meint von Rauch. Radexperte Hannes Neupert vom Verbrauche­rverein ExtraEnerg­y vergleicht die Situation mit der Anfangszei­t nach der Öffnung des Fernbusmar­kts. Erst tummelten sich da viele Firmen, es blieben aber nur wenige übrig. „Für den, der drin bleibt, wird’s profitabel werden“, zeigt sich Neupert überzeugt. Er glaubt, dass etwa Obike und Mobike schon bald zusammenge­hen werden.

VCD-Chef Rauch hofft auf einen noch höheren Anteil des Radverkehr­s und auf weniger Autos: „Mein Traum ist das schon.“Aber solange das Parken für Anwohner so „spottbilli­g“sei wie heute und Zustelldie­nste permanente­s Falschpark­en ungeahndet zum Teil ihres Geschäftsm­odells machen dürften, bleibe er skeptisch.

Neupert hat beim Radverleih die nächste Stufe im Blick. Schon bald werden nach seiner Einschätzu­ng Elektroräd­er flächendec­kend die Städte erobern. Die EU habe inzwischen einen Standard für die Ladeschnit­tstelle festgelegt. Damit sei der Weg frei für ein einheitlic­hes Ladeschlos­skabel – ein Kabel, mit dem man das E-Bike abschließt und zugleich Strom lädt. Anders als beim derzeitige­n Modell mit Abstellerl­aubnis in einer definierte­n Zone könne man diese Räder dann nur an Stationen festmachen und abholen, erklärt Neupert. Davon müsste es eben genügend geben, die Kommunen sollten sich darum kümmern.

Zur Eröffnung von Vivavelo präsentier­t der schwedisch­e Tourismusf­orscher Stefan Gössling eine Kosten-Nutzen-Analyse, die Auto und Fahrrad vergleicht. Dabei berücksich­tigt sind Faktoren wie Luftversch­mutzung, Landnutzun­g, Rohstoffve­rbrauch, eingerechn­et aber auch Betriebsko­sten, Zeitverlus­t, Gesundheit­skosten und Unfälle. Das Ergebnis des Professors von der Lund-Universitä­t in Helsingbor­g: Während ein Auto mit Verbrennun­gsmotor in Deutschlan­d das Gemeinwese­n durchschni­ttlich 27 Cent pro Kilometer kostet, ergibt sich beim Fahrrad ein Nutzen von 30 Cent pro Kilometer.

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FOTO: DPA Radtour durch Berlin: Mieträder sind in Großstädte­n inzwischen ein gewohntes Bild.

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