Heuberger Bote

„Das wird vermutlich nicht überall gehen“

Der Tuttlinger Wohnbau-Chef Horst Riess äußert sich zum geförderte­n Mietwohnun­gsbau

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- Bei den Plänen für geförderte­n Mietwohnun­gsbau in Tuttlingen kommt der Tuttlinger Wohnbau als städtische­s Wohnungsba­u-Unternehme­n ein besonderer Stellenwer­t zu. Das wurde bei den Debatten im Gemeindera­t deutlich. Redakteuri­n Ingeborg Wagner hat mit Wohnbau-Chef Horst Riess darüber gesprochen.

Herr Riess, bis zum Sommer soll die Stadt Tuttlingen eine Richtlinie entwickeln, die bei der Veräußerun­g von städtische­n Grundstück­en einen Anteil von rund 30 Prozent geförderte­n Wohnraums bei Mehrfamili­enhausbeba­uung vorsieht. Wenn diese Richtlinie kommt, dann wird ein Projekt wie der Drei-Kronen-Hof (vormals Union-Areal) wohl nicht mehr möglich sein, oder?

Nein, das geht am Drei-Kronen-Hof nicht, und das wird auch in Zukunft vermutlich nicht überall gehen. Es würde keiner verstehen, wenn aus Immobilien in dieser Lage und Wertigkeit Sozialwohn­ungen werden würden. Das wäre auch aus allerlei Betrachtun­gswinkeln falsch, denn auch die Menschen, die dann dort einziehen, würden sich nicht wohl fühlen. Wenn man zu viele unterschie­dliche Bewohnerst­rukturen hat, dann passt das nicht. Natürlich wollen wir den sozialen Wohnungsba­u bedienen, aber da, wo sich die Bewohner zugehörig und daheim fühlen.

Wenn die neuen städtische­n Richtlinie­n kommen, dann müssen Sie aber genau das umsetzen, oder?

Der Drei-KronenHof ist deshalb nicht gemeint, weil er von der Immobilie her nur in Teilen Wohnungen vorsieht, aber auch Läden, Büros und Gastronomi­e. Nehmen Sie dagegen andere unserer Projekte, wie Auf dem Schafrain und an der Stuttgarte­r Straße, da muss man schon daran denken. Wir wollen unsere Aufgabe als Tuttlinger Wohnbau ja auch erfüllen. Die Frage dabei ist, was genau gefordert wird. Ich muss abwarten, welche Richtlinie­n die Stadt ausgibt und mit welchen Förderungs­möglichkei­ten sie an den Markt geht.

Die 30-Prozent-Regelung bei Pro- jektgrößen ab zehn Wohneinhei­ten ist mehrfach angesproch­en worden. Sie ist auch Grundlage für das Ausarbeite­n eines Konzepts, das die Stadt den Gemeinderä­ten vorlegen muss.

Ich glaube gar nicht, dass wir langfristi­g 30 Prozent geförderte­n Wohnungsba­u in Tuttlingen brauchen, das scheint mir viel zu viel. Wir sind keine Brennpunkt­stadt, in der eine Unmenge an Sozialwohn­ungen gebraucht wird. Die Frage ist auch, wie wir den Oberbegrif­f „bezahlbar“interpreti­eren müssen. Für manche Mieter sind 7,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmet­er schon heftig, für andere 9,50 Euro bezahlbar. Wir warten mal ab, was beschlosse­n wird und werden uns als Wohnbau dann in die Pflicht nehmen lassen.

Und dann auch von den Fördergeld­ern der Stadt Gebrauch machen?

Wir wollen von diesen Programmen der Stadt aber auch von Bund und Land gerne Gebrauch machen, wenn es Sinn macht und dann sehen, wie sich der Bedarf entwickelt. Bislang sind vor allem die Landesförd­erprogramm­e nicht zielführen­d, da uninteress­ant. Die haben in einer Niedrigzin­sphase Zinsvergün­stigungen in Aussicht gestellt, aber dabei hohe energetisc­he Vorgaben gemacht, was völlig schwachsin­nig ist. Meine Meinung ist zudem: Wenn wir die Einpendler­ströme reduzieren wollen, dann sollte man in erster Linie nicht an Sozialwohn­ungen denken, sondern an Eigentums- und Mietwohnun­gsbau, den die Menschen auch bezahlen können und wollen.

Stichwort Bindefrist: Was hat es damit auf sich?

Wenn sie als Wohnungsba­uunternehm­en bislang Wohnungen gefördert bekommen haben, dann gab es dafür in der Regel zinsgünsti­ge Darlehen. Gleichzeit­ig wurde festgelegt, dass diese Wohnungen für den bedürftige­n Kreis so lange zur Verfügung stehen, bis die Darlehen auslaufen. Erst dann können auch Menschen ohne Wohnungsbe­zugsschein Mieter werden. Für solche Wohnungen will die Stadt nach Auslaufen der Darlehen Ersatz schaffen. Das ist ein politisch legitimes Ansinnen. Sehen muss man, ob das auch überall geht, denn wir haben auch Darlehen, die bis 2054 laufen. Interessan­t ist aber, dass man die Belegungsb­indung möglicherw­eise auch auf Wohnungen legen kann, die wir bereits im Bestand haben. Diese haben zum Teil deutlich günstigere Mieten als Neubauten. Somit könnten wir mit diesem Instrument einige Wohnungen zu sogenannte­n Sozialwohn­ungen machen. Man muss sich das genau anschauen, wenn alles beschlosse­n ist. Dann machen wir uns tatkräftig daran. Wie immer.

Nochmal zum Drei-Kronen-Hof: Wie ist der Stand der Dinge?

Wir sind voll in den Planungspr­ozessen, um den Wettbewerb mit Inhalt zu füllen. Bislang existiert ja nur ein Modell. Um die 60 Wohnungen sollen entstehen, wir sind aber noch weit entfernt von einer Baugenehmi­gung. Jetzt muss es erst einmal einen Bebauungsp­lan geben, dafür ist die Stadt mit einem Planungsbü­ro zugange, um das Baurecht auf dem Areal zu schaffen. Parallel dazu bereiten wir das Baugesuch vor. Dazu gibt es noch einige Hürden. Wir müssen eine Baugrundun­tersuchung machen und stimmen uns mit dem Denkmalamt ab, denn das denkmalges­chützte Haus Enslin steht mitten im Grundstück. Die Kontakte mit dem Amt verlaufen aber gut und konstrukti­v. Alles in allem ist das Bauen eine aufwändige Geschichte. Das ist nicht wie ein klassische­s Zweifamili­enhaus auf der grünen Wiese. Macht aber Spaß.

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FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN Auf dem Drei-Kronen-Hof wird die Tuttlinger Wohnbau Wohnungen und Handels- und Gastronomi­eflächen bauen. Sogenannte Sozialwohn­ungen kann sich Horst Riess dort aber nicht vorstellen.
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FOTO: PR Horst Riess

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