Heuberger Bote

Schon früher drohte Drazen D. mit Kindermord

Fünfter Prozesstag bringt Erkenntnis­se über die Denkweise des mutmaßlich­en Täters von Villingend­orf

- Von A. Lothar Häring

- Im Prozess um den Dreifach-Mord von Villingend­orf vor dem Landgerich­t Rottweil tut sich ein großer Widerspruc­h auf: Wie kann es sein, dass ein Vater seinen Sohn aus nächster Nähe kaltblütig erschießt, obwohl er ihn, mehreren Zeugen zufolge, „abgöttsch liebt“? Wenn es überhaupt Erklärunge­n gibt, so hat der fünfte Verhandlun­gstag am Dienstag weitere Mosaikstei­nchen geliefert.

Drazen D., der mutmaßlich­e Täter, hat oft die Arbeitsste­lle gewechselt. Am längsten, von 1999 bis 2014, war er als „Wagenpfleg­er“bei einem Radolfzell­er Autohaus beschäftig­t. Während dieser Zeit wohnte er auch in Neuhausen ob Eck. Die Firmenchef­in berichtete am Dienstag als Zeugin über einen Satz, der ihr am nachdrückl­ichsten in Erinnerung geblieben ist. Nachdem seine Ehefrau, mit der er zwei Kinder hat, sich endgültig getrennt hatte, habe Drazen D. einmal gesagt: „Wenn ich die Kinder nicht bekomme, bringe ich sie lieber um, damit meine Frau sie nicht hat.“Er konnte seine Drohung nicht wahr machen, weil die Frau mit den Kindern zunächst ins Frauenhaus und dann ins Ausland flüchtete.

Hat Drazen D. diese fixe Idee dann an seinem Sohn exerziert, den er so liebte, aber den er wegen seiner Gewalt-Exzesse nicht mehr sehen durfte? „Er hat die Kinder als seinen Besitz angesehen“, sagte die Autohaus-Chefin.

Dazu passen frühere Bekenntnis­se von der Mutter, sie könnte ohne ihren Sohn nicht mehr leben und ihre nachträgli­che Erklärung, ihr ExFreund habe angekündig­t, er wolle sie „leiden sehen“.

Die Autohaus-Chefin bescheinig­te Drazen D., er habe seine Arbeit lange „gut gemacht“. Einen Bruch habe es nach der Trennung von der Familie gegeben. Er sei wegen jeder Kleinigkei­t zum Anwalt gerannt, oft krank und aggressiv gewesen. Irgendwann bat Drazen D. darum, ihn zu entlassen. Grund: Er wolle nicht mehr, dass seine Unterhalts­zahlungen vom Lohn gepfändet werden. 2014 kam es zur Kündigung. Er erhielt 10 000 Euro Abfindung. „Wir haben ihm eine Gewalttat zugetraut“, sagte die Geschäftsf­ührerin. „Aber normalerwe­ise geht man davon aus, dass kein Mensch so was macht.“

Anlieger haben an jenem 14. September 2017 den Täter beim Weggehen noch gesehen und drei Sätze gehört, wie sie im Zeugenstan­d schilderte­n: „Ich habe es ihr gesagt! Ich habe sie gewarnt! Wer zahlt für sie?!“

Vorwürfe gegen die Polizei

Inzwischen gerät auch die Polizei zunehmend ins Blickfeld. Mehrfach hatte die frühere Verlobte von Drazen D. um Hilfe gebeten. Erst recht nach den Drohungen vier Wochen vor der Tat. Eine weitere Anzeige folgte wenige Tage vor der Tat, als die Jalousien in Villingend­orf beschädigt wurden, um ins Innere sehen zu können. Man werde regelmäßig die Straße kontrollie­ren, so die Zusage der Beamten, berichtet der Anwalt der Frau. Anwohner, die er am Dienstag nach Polizei-Präsenz befragte, gaben alle die gleiche Antwort: Nein!

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