Heuberger Bote

Überlebend­e erinnern sich

KZ-Häftlinge und Angehörige von Opfern sprechen bei Feier in Gedenkstät­te Eckerwald

- Von Daniel Seeburger

- Überlebend­e der KZ im Schlichemt­al und deren Angehörige haben sich in der Gedenkstät­te Eckerwald getroffen. Dabei ging es auch um europäisch­e Perspektiv­en.

Da ist zum Beispiel Tihomir Hudicek aus Kroatien. Er ist zum ersten Mal ins Schlichemt­al gekommen, um das Grab seines Vaters Franjo Hudicek zu besuchen. Er wurde im KZ Schörzinge­n umgebracht. Tihomir Hudiceks Enkel erzählt von seiner 99-jährigen Großmutter, die ihren Mann letztmals 1943 gesehen hat. „Sie erinnert sich noch gut an ihn und kann das alles immer noch nicht begreifen“, sagt er.

Da ist zum Beispiel der 90-jährige Eugeniuz Dabroswki, der die KZ Auschwitz, Dachau und Dautmergen überlebt hat. „Die Erinnerung treibt uns die Tränen in die Augen“, erklärt er. Da ist zum Beispiel Gaston Rath, der eine Delegation aus Luxemburg anführt. Die Initiative Eckerwald kehre nichts unter den Teppich und mache sich deshalb auch verletzlic­h, sagt er mit tränenerst­ickter Stimme.

Da ist zum Beispiel Anne Jacques von der französisc­hen Delegation, die von dem Verbrechen der SS in einem kleinen Dorf in den Vogesen erzählt. Von sterbenden Kindern, geschunden­en Menschen, Exekutione­n. Die Tyrannen existierte­n heute immer noch, genau so wie Dummheit und Hass. Im Hinblick auf die Kriege in dieser Welt stellt sie die Frage: „Wer gibt ihnen das Recht?“

Bei der Gedenkfeie­r am Mahnmal in der Gedenkstät­te Eckerwald stellte Dorothee Roos das Europäisch­e Kultursieg­el vor, das die Initiative Eckerwald zusammen mit zwölf weiteren Gedenkstät­ten in Orten, an denen Außenlager des KZ Natzweiler im Elsass gewesen sind, erhalten hat. „Wer eine Brücke bauen will, muss den Abgrund kennen“, führt sie aus und umschreibt damit das Thema der Gedenkfeie­r, das da lautet: „Grenzen überwinden, Brücken bauen, Europa gestalten“. „Europa war 1944 und 1945 hier“, sagt Dorothee Roos und verweist auf die Häftlinge in den Natzweiler-Außenlager­n, die 30 verschiede­nen Nationen angehört haben.

Die Gedenkstät­ten schauten dort hin, wo es weh tut. Man wolle die Vergangenh­eit nicht ruhen lassen, sondern habe Kontakt zu den ehemaligen Häftlingen und deren Angehörige­n gesucht. Das Europäisch­e Kultursieg­el habe man erhalten, weil man europäisch­e Versöhnung­s- und Friedensar­beit geleistet hat. Ein bloßes Verharren in der Vergangenh­eit mache aber keinen Sinn. „Wir wollen das Bewusstsei­n dafür schärfen, wie kostbar der Frieden ist“, sagt Dorothee Roos.

Ein Bläserense­mble der Musikschul­e Rottweil sorgt für die musikalisc­he Umrahmung der Feier. Eine Schülerin und ein Schüler aus Königsfeld reißen in einer Performanc­e die steinernen Grenzen aus Folter, Nationalis­mus, Hass oder Fremdenfei­ndlichkeit ein und bauen aus den Bausteinen ein Tor, durch das man aufeinande­r zu schreiten kann. Abschließe­nd erklang die Europahymn­e mit Schillers Ode an die Freude.

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FOTO: SBO Brigitta Marquart-Schad, Dr. Albrecht Dapp und Dorothee Roos (v. l.) vom Verbund der Gedenkstät­ten mit dem Europäisch­en Kultursieg­el.

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