Im Sauter-Flügel steckt viel Energie und Tiefe
Chinesische Pianistinnen überzeugen in der Reihe „Kultur & Klinik“
(pm) - Gut, dass ein Instrument keinen Muskelkater bekommen kann. Der kleine SauterFlügel in der Kapelle des Gesundheitszentrums Spaichingen hätte diese Woche bestimmt Schmerzen. Doch so konnte er zeigen, was alles in ihm steckt – beim Konzert der chinesischen Pianistinnen Shanshan Huang und Yinong Wang in der Reihe Kultur & Klinik.
Und es steckt mehr an Energie und Tiefe in ihm, als man dem Instrument auf den ersten Blick zutrauen würde. Zu hören gleich beim Verzweiflungsschrei, mit dem der erste Satz der gut halbstündigen Fantasie in C-Dur von Robert Schumann ansetzt, einer „tiefen Klage um Dich“, wie er seiner Braut Clara Wieck über die Fantasie schreibt. Es entspinnt sich ein hochdramatisches, spannungsvolles und aufgewühltes Werk, das an Spieler und Instrument höchste Anforderungen stellt.
Shanshan Huang stellte sich dieser Herausforderung und verschaffte der leidenschaftlichen Klage genauso Gehör wie dem grandiosen Marsch des zweiten Satzes oder dem kraftvollen Impetus des Schlusssatzes.
Hoch konzentriert arbeitete die Studentin von Prof. Tomislav Nedelkovic-Baynov an der Musikhochschule Trossingen die Themen und Motive heraus und entwarf den großen Bogen, der viel Energie erfordert – ähnlich und doch ganz anders als die Waldstein-Sonate von Ludwig van Beethoven. Mit ihren sowohl hoch-virtuosen als auch sinfonischen Eigenschaften ebnet Beethoven hier den Weg in die romantische Klaviermusik des 19. Jahrhunderts.
Kraftvoll federnd läutete Yinong Wang die Sonate mit den auf der Stelle trippelnden Akkordrepetitionen ein. Die Chinesin, ebenfalls aus der Klasse von Prof. Baynov, folgte scheinbar spielerisch leicht Beethovens schmalem Grat zwischen Regelkonformität und dem Spiel mit der Freiheit. Sie entspann eine orchestrale Klangfülle, mit der sich die Kapelle gleichsam in einen großen Konzertsaal zu verwandeln schien. Eine große Bühne für einen eindrucksvollen Abend, den die beiden Studentinnen mit drei ungarischen Tänzen von Johannes Brahms eher leicht beschwingt ausklingen ließen. Der begeisterte Applaus der Zuhörer in der gut besuchen Klinikkapelle war ihnen sicher.