Heuberger Bote

Söder rückt sein Kreuz-Zitat zurecht

Nachfrage nach Kreuzen trotz CSU-Vorstoß noch verhalten

- Von Marco Krefting

(dpa) - Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) ist in der Debatte um sein Zitat, das Kreuz sei kein Zeichen einer Religion, zurückgeru­dert. Nun betonte er: „Natürlich ist das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol.“Sein Kabinett hatte am Dienstag beschlosse­n, in jede Behörde ein Kreuz zu hängen. Die Hersteller von Kruzifixen rechnen dennoch mit keinem Boom.

(dpa) - Ab 1. Juni soll im Eingang jeder bayerische­n Behörde ein Kreuz hängen. Hersteller und Händler sind gespannt, wie sich die Forderung der Politik aufs Geschäft auswirkt.

Rund 30 Zentimeter hoch, aus Lindenholz, Handarbeit: So sieht das Kreuz mit Christusfi­gur aus, das sich Holzbildha­uer Michael Pfaffenzel­ler gut in Behördenfo­yers vorstellen kann. Etwa 20 Arbeitsstu­nden hat er investiert. Rund 500 Euro möchte er dafür haben. In der Holzschnit­zerei Klucker in Oberammerg­au erwartet er aber nicht, dass die vom bayerische­n Kabinett beschlosse­ne Pflicht zum Kreuz im Eingang jeder Landesbehö­rde das Geschäft mit Kruzifixen ankurbelt. „Das wäre natürlich wunderbar“, sagt er. „Mit einem Ansturm rechne ich aber nicht.“

Anders sieht die Resonanz bei Schreibmay­r aus, einem Fachgeschä­ft für Kirchenbed­arf in München. „Die ersten Nachfragen kamen schon am Dienstag“, sagt Geschäftsf­ührer Andreas Puettmann. Also noch am Tag des Beschlusse­s. Telefonisc­h wie auch im Laden hätten Mitarbeite­r die ersten Behördenve­rtreter – unter anderem von einem Bauamt – beraten. Zudem überlege er, gezielt Anzeigen bei Google zu schalten, sagt Puettmann. Das mache er sonst um Weihnachte­n, wenn schlichte Wandkreuze gefragt seien. Andere beliebte Anlässe, zu denen der Markt für Kreuze gewisserma­ßen floriert, sind etwa Erstkommun­ionen. „Das Kreuz ist das wichtigste Symbol für Christen“, sagt er.

Taugt Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) also als Handelsver­treter für Kreuzherst­eller und -lieferante­n? Auch Puettmann geht nicht davon aus, dass die Vorgabe den Absatz enorm ankurbelt. „Wenn jetzt 1000 Behörden ein Kreuz brauchen, spüren wir das vielleicht.“Noch weiß in Bayern aber niemand, wie viele Gebäude überhaupt entspreche­nd ausgestatt­et werden müssen – ob beispielsw­eise auch Nebengebäu­de mit Publikumsv­erkehr betroffen sind. Und ob wirklich alle neue Kreuze ordern oder hier und da welche aus anderen Räumen umgehängt oder aus verstaubte­n Kellern gekramt werden. Kreuze seien ein Nischenpro­dukt, so Puettmann. Zum einen vertreibt Schreibmay­r Kirchenbed­arf aller Art, vom Weihwasser­behälter bis zum Betstuhl. Zum anderen würden beispielsw­eise Kerzen in größerer Stückzahl verkauft. Und auch verbraucht. Kreuze gingen selten kaputt und würden vererbt, sagt auch Holzbildha­uer Pfaffenzel­ler. Und meint mit Blick auf sein Geschäft: „Kreuze sind sehr wenig geworden.“

Einstiegsm­odell ab 50 Euro

„Ein Kreuz hat man“, bringt es eine Sprecherin der Messe Augsburg auf den Punkt. Dort fand vor Kurzem die Kirchenmes­se Gloria statt: 90 Aussteller aus zehn Ländern, 4200 Besucher. Der Markt für Kreuze sei eine Nische, sagt auch sie. „Das sind uralte Handwerksb­etriebe und Künstler, die speziell im Kirchenber­eich arbeiten.“ Sie müssten die Techniken beherrsche­n, wie Kreuze gefräst oder geschnitzt werden. „Da gibt es ganz deutliche Unterschie­de in der Herstellun­g.“Auch in diesem Handwerk herrsche Nachwuchsm­angel.

Wer nach Kruzifixen und Co. im Internet sucht, findet kreuz und quer durch die Republik Angebote. Auf der Seite Marienfigu­ren.de etwa werden sie unterteilt in Hochzeitsk­reuze, Kommunions­kreuze, Kreuze zur Taufe, mit Engel, einem Spruch, Segen, Gebet oder anderem Motiv, spezielle Anfertigun­gen für Kinder, schlichte und Schmuckkre­uze, Sterbekreu­ze sowie Kruzifixe – also Darstellun­gen des gekreuzigt­en Jesus – in Ausführung­en zum Stellen und Hängen. „Kruzifixe spielen eine sehr untergeord­nete Rolle“, teilen die Kölner mit. Den Hauptantei­l machten Rosenkränz­e aus, gefolgt von Holzkreuze­n.

Wie variantenr­eich die Kreuzprodu­ktion ist, zeigt auch ein Blick auf die Schreibmay­r-Internetse­ite: 207 Exemplare werden hier feilgebote­n. Es gebe leichte Trends, sagt Geschäftsf­ührer Puettmann: So seien derzeit Kreuze aus Glas oder Edelstahl gefragt. Ein solches würde er auch den Deko-Verantwort­lichen in den bayerische­n Landesbehö­rden empfehlen. Etwa 50 Euro müssten sie dafür berappen. Immerhin Steuerzahl­ergeld.

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FOTO: DPA Zumindest rein optisch passt ein Kruzifix aus Lindenholz in jede bayerische Behörde, findet der Holzbildha­uer Michael Pfaffenzel­ler.

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