Beweismittel für Kinderporno-Ermittlungen blieben zwei Jahre ungenutzt liegen
(reis) - Bei der Polizei in Biberach sind offenbar Dateien, die zur Ergreifung von Kinderpornografie-Konsumenten hätten führen können, über zwei Jahre unbearbeitet geblieben. Das ergibt sich aus der Zeugenaussage eines Polizisten in einem Prozess vor dem Amtsgericht Biberach.
Bei der Verhandlung ging es um einen 58-Jährigen aus dem Raum Laupheim, der Zigtausende kinderpornografische Bilder und Videos auf seinem Rechner und anderen Datenträgern gesammelt hatte; über einen Skype-Account stand er mit anderen Kinderporno-Konsumenten in Kontakt. Der Mann hatte gestanden und war am Donnerstag zu einem Jahr und fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Im Prozessverlauf sagte der befragte Polizist aus, der Angeklagte habe den Ermittlern seinen SkypeAccount bereits vor zwei Jahren freiwillig zur Verfügung gestellt, damit weitere Nutzer identifiziert werden könnten. „Die Unterlagen liegen noch auf meinem Schreibtisch. Ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zu sichten“, räumte der Beamte ein. Er sei inzwischen wegen psychischer Probleme krank geschrieben.
Richterin und der Rechtsbeistand des Angeklagten reagierten entsetzt auf die Aussage. „Das ist frustrierend. Und man sollte es bis zur Politik hochschreien“, sagte Verteidiger Achim Ziegler.
Das Prolizeipräsidium Ulm äußerte sich auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“nicht zu dem konkreten Fall, räumte aber einen Personalengpass ein. Eine Verbesserung durch die Einstellungsoffensive des Landes sei erst in wenigen Jahren zu erwarten. Die 55 neuen Mitarbeiter, die im April im Ulmer Präsidium ihren Dienst aufgenommen hätten, glichen nur zu einem Teil die Pensionierungen aus.
Hinzu komme, dass die Zahl der Verfahren und auch die Datenmenge zunehme. „Durchschnittlich sind pro Verfahren mehrere 100 000 Fotos und mehrere 10 000 Videos auszuwerten“, so ein Präsidiumssprecher. Ermittler im Bereich Kinderpornographie benötigten eine besondere fachliche Qualifikation, deshalb stehe nur ein begrenzter Kreis von Beschäftigten zur Verfügung. Ihnen werde regelmäßig psychosoziale Betreuung angeboten, so der Präsidiumssprecher weiter. „Gleichwohl ist uns eine hohe Belastung der Ermittler bekannt.“